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BFH: Keine erste Tätigkeitsstätte eines Leiharbeitnehmers beim Entleiher im Rahmen eines unbefristeten Leiharbeitsverhältnisses

Bei einem unbefristeten Leiharbeitsverhältnis kommt eine dauerhafte Zuord­nung des Leiharbeitnehmers zu einer ersten Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes beim Entleiher regelmäßig nicht in Betracht.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 und 2 und Abs. 4 Satz 1 bis 3
AÜG bis zum 31.03.2017 § 1 Abs. 1 Satz 2
AÜG seit dem 01.04.2017 § 1 Abs. 1b

BFH-Urteil vom 17.6.2025, VI R 22/23 (veröffentlicht am 2.10.2025)

Vorinstanz: FG München vom 21.3.2023, 6 K 1233/20 = SIS 24 06 72

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit dem 23.04.2014 bei der Zeitarbeitsfirma … (Z) angestellt. Das zunächst bis zum 27.11.2015 befristete Arbeitsverhältnis wurde ab dem 28.11.2015 in ein unbe­fristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt und endete am 31.08.2018.

Während dieses Arbeitsverhältnisses war der Kläger im Rahmen einer Arbeit­nehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) bei verschiedenen Entleihfirmen tätig. Im Einzelnen:

23.04.2014 - 10.10.2014 … (A)
12.11.2014 - 16.11.2014 … (B)
17.11.2014 - 11.01.2015 … (C)
12.01.2015 - 18.01.2015 … (D)
29.01.2015 - 01.02.2015 … (C)
02.02.2015 - 31.03.2015 … (E)
01.04.2015 - 31.08.2018 … (E)

Die Überlassung des Klägers an den jeweiligen Entleiher erfolgte ausweislich den Auftragsbestätigungen beziehungsweise Arbeitnehmerüberlassungsverträ­gen stets vorübergehend. Ab 01.09.2018 war der Kläger bei der Entleiherin E fest angestellt.

In seiner Steuererklärung für das Streitjahr 2017 machte der Kläger Fahrtkos­ten zwischen Wohnung und der Tätigkeitsstätte der E in … (Tätig­keitsstätte R) für das gesamte Kalenderjahr nach Reisekostengrundsätzen gel­tend. In dem nach Einspruch geänderten Einkommensteuerbescheid für 2017 vom 08.10.2019 berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanz­amt ‑‑FA‑‑) die geltend gemachten Fahrtkosten (230 Tage * 35 km) abzüglich des steuerfreien Fahrtkostenersatzes antragsgemäß nach Reisekostengrund­sätzen.

In seiner Steuererklärung für das Streitjahr 2018 machte der Kläger Fahrtkos­ten zwischen Wohnung und der Tätigkeitsstätte R bis zum 31.08.2018 wiede­rum nach Reisekostengrundsätzen (154 Tage * 35 km) abzüglich des steuer­freien Fahrtkostenersatzes in Höhe von 466 € und ab dem 01.09.2018 mit der Entfernungspauschale (76 Tage * 35 km) geltend.

Das FA lehnte nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage die Anerken­nung der Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen ab und berücksichtigte diese im Einkommensteuerbescheid für 2018 vom 20.05.2019 nur in Höhe der Entfernungspauschale.

Gestützt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung änderte das FA entspre­chend dieser Rechtsauffassung auch die Steuerfestsetzung für 2017 und be­rücksichtigte mit Bescheid vom 16.01.2020 die Fahrtkosten ebenfalls nur in Höhe der Entfernungspauschale.

Die gegen beide Einkommensteuerbescheide nach erfolglosem Einspruchsver­fahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG München vom 21.03.2023 ‑ 6 K 1233/20, die Einspruchsent­scheidung des FA vom 05.05.2020 sowie den Einkommensteuerbescheid für 2017 vom 16.01.2020 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2018 vom 20.05.2019 dahingehend zu ändern, dass für seine Fahrten zwi­schen Wohnung und der Tätigkeitsstätte R vom 01.01.2018
bis zum 31.08.2018 weitere Werbungskosten in Höhe von 1.617 € berücksichtigt wer­den.

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorent­scheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanz­gerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat das Vorliegen einer ersten Tätigkeits­stätte zu Unrecht bejaht. Der Kläger kann die streitigen Aufwendungen für die beruflich veranlassten Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte viel­mehr nach Reisekostengrundsätzen geltend machen.

1. Aufwendungen für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 des Einkommen­steuergesetzes (EStG) sowie keine Familienheimfahrten sind, können als Wer­bungskosten wahlweise mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt wer­den, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 und 2 EStG).

2. Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Un­ternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimm­ten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.

a) Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sach­mittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden (z.B. Senatsurteil vom 12.05.2022 ‑ VI R 32/20, BFHE 277, 167, BStBl II 2023, 35, Rz 15, m.w.N.).

b) Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. Einer gesonderten Zuord­nung für einkommensteuerliche Zwecke bedarf es nicht (Senatsurteil vom 11.04.2019 ‑ VI R 40/16, BFHE 264, 248, BStBl II 2019, 546, Rz 23, 35).

aa) Nach der gesetzlichen Konzeption ‑‑und der die Neuordnung des steuerli­chen Reisekostenrechts prägenden Grundentscheidung‑‑ wird die erste Tätig­keitsstätte vorrangig anhand der arbeits(vertrag)‑ oder dienstrechtlichen Zu­ordnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bestimmt, hilfsweise mit­tels quantitativer Kriterien (Senatsurteil vom 04.04.2019 ‑ VI R 27/17, BFHE 264, 271, BStBl II 2019, 536, Rz 15, m.w.N.).

bb) Die arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers als solche muss für ihre steuerliche Wirksamkeit nicht dokumentiert werden. Die Fest­stellung einer entsprechenden Zuordnung ist durch alle nach der Finanzge­richtsordnung zugelassenen Beweismittel möglich und durch das FG im Rah­men einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen. So entspricht es regelmäßig der Lebenswirklichkeit, dass der Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll (z.B. Senatsurteile vom 04.04.2019 ‑ VI R 27/17, BFHE 264, 271, BStBl II 2019, 536, Rz 17, und vom 12.05.2022 ‑ VI R 32/20, BFHE 277, 167, BStBl II 2023, 35, Rz 17).

cc) Im Fall der Arbeitnehmerüberlassung ist ausschließlich auf die Zuord­nungsentscheidung des Verleihers abzustellen, da maßgebliches Arbeitsver­hältnis für die Frage, ob der Arbeitnehmer einer betrieblichen Einrichtung im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 bis 3 EStG dauerhaft zugeordnet ist, das zwischen dem Arbeitgeber (Verleiher) und dem (Leih‑)Arbeitnehmer bestehende Ar­beitsverhältnis (sogenanntes Leiharbeitsverhältnis) ist. Für die Zuordnung sind daher ausschließlich die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zwischen dem Verleiher und dem (Leih‑)Arbeitnehmer maßgebend (vgl. Senatsurteil vom 12.05.2022 ‑ VI R 32/20, BFHE 277, 167, BStBl II 2023, 35, Rz 32).

c) Von einer dauerhaften Zuordnung ist ausweislich der in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele insbesondere auszugehen, wenn der Arbeit­nehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig wer­den soll.

aa) Eine Zuordnung ist unbefristet im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 3 Alternati­ve 1 EStG, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte aus der maßgeblichen Sicht ex ante nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt (Senatsur­teile vom 04.04.2019 ‑ VI R 27/17, BFHE 264, 271, BStBl II 2019, 536, Rz 21, und vom 17.12.2020 ‑ VI R 21/18, BFHE 272, 31, BStBl II 2021, 506, Rz 41).

Bei einem Leiharbeitsverhältnis kommt eine unbefristete Zuordnung auf der Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes regelmä­ßig nicht in Betracht. So verbot schon § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in der bis zum 31.03.2017 geltenden Fassung die mehr als vorübergehende und damit die unbefristete Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher (ausführlich Be­schluss des Bundesarbeitsgerichts ‑‑BAG‑‑ vom 30.09.2014 ‑ 1 ABR 79/12). Nach der seit dem 01.04.2017 geltenden Fassung des § 1 Abs. 1b AÜG (s. Ge­setz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Geset­ze vom 21.02.2017, BGBl I 2017, 258) darf der Verleiher denselben Leihar­beitnehmer ‑‑vorbehaltlich einer (hier nicht ersichtlichen) abweichenden tarif­vertraglichen Regelung‑‑ demselben Entleiher nicht länger als 18 Monate über­lassen. Scheidet damit eine unbefristete Überlassung des Leiharbeitnehmers an den Entleiher von Gesetzes wegen aus, gilt dies gleichermaßen für die da­mit zusammenhängende Zuordnung des Leiharbeitnehmers an eine Tätigkeits­stätte des Entleihers.

bb) Die Zuordnung erfolgt gemäß § 9 Abs. 4 Satz 3 Alternative 2 EStG für die Dauer des Arbeits- oder Dienstverhältnisses, wenn sie aus der maßgeblichen Sicht ex ante für die gesamte Dauer des Arbeits- oder Dienstverhältnisses Be­stand haben soll. Dies kann insbesondere angenommen werden, wenn die Zu­ordnung im Rahmen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses unbefristet oder (ausdrücklich) für dessen gesamte Dauer erfolgt (Senatsurteile vom 04.04.2019 ‑ VI R 27/17, BFHE 264, 271, BStBl II 2019, 536, Rz 22, und vom 17.12.2020 ‑ VI R 21/18, BFHE 272, 31, BStBl II 2021, 506, Rz 42). Diese Fallgruppe kann sich ausschließlich auf ein ‑‑hier in den Streitjahren nicht vor­liegendes‑‑ befristetes (Leih‑)Arbeitsverhältnis beziehen.

cc) Der bei der Einkommensteuer generell anzuwendende Grundsatz der Ab­schnittsbesteuerung ermöglicht ‑‑mangels Bindungswirkung der rechtlichen Beurteilung der Zuordnungsentscheidung in der Steuerfestsetzung für die Fol­gejahre‑‑ in jedem Veranlagungszeitraum grundsätzlich eine andere rechtliche Beurteilung derselben Zuordnungsentscheidung.

dd) Davon zu unterscheiden ist die erstmalige Beurteilung einer neuen Zuord­nungsentscheidung. Ob eine neue Zuordnungsentscheidung vorliegt, die eine rechtliche Neubeurteilung erforderlich macht, hängt maßgeblich davon ab, ob sich die arbeitsvertraglichen oder tatsächlichen Umstände, die der bisherigen Zuordnungsentscheidung zugrunde lagen, ändern.

Ändern sich die rechtlichen oder tatsächlichen Umstände des Arbeitsverhält­nisses, kann regelmäßig unterstellt werden, dass eine neue Zuordnungsent­scheidung vom Arbeitgeber getroffen wird. Eine derartige Veränderung liegt grundsätzlich im Fall einer Umwandlung eines befristeten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vor. Denn bei einem befristeten Arbeitsverhältnis war zu­nächst nur eine befristete Zuordnung (maximal für die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses) an die Tätigkeitsstätte möglich. Ab dem Zeitpunkt der Entfristung des Arbeitsverhältnisses kann nunmehr auch eine unbefristete Zu­ordnung an eine Tätigkeitsstätte erfolgen.

3. Nach diesen Maßstäben ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei der Tätigkeitsstätte R im Streitzeitraum um die erste Tätigkeitsstätte des Klägers gehandelt hat.

a) Die Tätigkeitsstätte R ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG und der Kläger wurde dieser im Streitzeitraum auch ‑‑un­streitig‑‑ zugeordnet. Der erkennende Senat sieht insoweit von weiteren Aus­führungen ab.

b) Zutreffend ist das FG weiter davon ausgegangen, dass mit der Änderung des befristeten Leiharbeitsverhältnisses in ein unbefristetes zum 28.11.2015 eine wesentliche Änderung des maßgeblichen Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, welche eine Neubeurteilung der Zuordnungsentscheidung der Z zu diesem Zeitpunkt erforderte.

c) Zu Unrecht ist die Vorinstanz jedoch aufgrund der Entfristung des Leihar­beitsverhältnisses mit der Z und dem Umstand, dass die Überlassung an die Entleiherin E vorübergehend erfolgte, von einer ab diesem Zeitpunkt unbefris­teten Zuordnung des Klägers an die Tätigkeitsstätte R gemäß § 9 Abs. 4 Satz 3 Alternative 1 EStG ausgegangen.

Einer unbefristeten Zuordnung stand bereits die zu diesem Zeitpunkt noch an­zuwendende Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in der bis zum 31.03.2017 geltenden Fassung entgegen. Denn diese erlaubte lediglich eine vorüberge­hende und gerade keine unbefristete Überlassung des Klägers an die E.

Anders als das FG meint, kommt es dabei auch auf die Vereinbarung zwischen Z als Verleiherin und E als Entleiherin an. Zwar ist für die Frage der Zuordnung auf das Arbeitsverhältnis zwischen Z und dem Kläger abzustellen. Diese Zu­ordnungsentscheidung wird aber mittelbar von der entsprechenden Vereinba­rung zwischen Z und E beeinflusst. Kommt in diesem Vertragsverhältnis ge­setzlich zulässig nur eine vorübergehende Überlassung in Betracht, muss sich das auch in der Zuordnungsentscheidung entsprechend widerspiegeln. Die äu­ßeren Umstände sprechen daher bei einem Leiharbeitsverhältnis regelmäßig nur für das Vorliegen einer vorübergehenden und damit befristeten Zuordnung an eine Tätigkeitsstätte des Entleihers.

Entsprechend dieser gesetzlichen Vorgaben sahen die jeweiligen Überlas­sungsverträge zwischen Z und den Entleihern einschließlich E stets nur eine vorübergehende Überlassung des Klägers vor. Die vom FG gleichwohl vorge­nommene Gleichsetzung einer vorübergehenden mit einer unbefristeten Zu­ordnung ist damit nicht zu vereinbaren. Im Streitfall hat das FG auch keine Tatsachen festgestellt, dass Z den Kläger der E ungeachtet des im Arbeitneh­merüberlassungsgesetz normierten gesetzlichen Verbots unbefristet überlas­sen und damit unbefristet deren Tätigkeitsstätte R zugeordnet hat.

d) Eine Zuordnung des Klägers an die Tätigkeitsstätte R für mehr als 48 Mona­te nach § 9 Abs. 4 Satz 3 Alternative 3 EStG lag im Zeitpunkt der Entfristung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls nicht vor. Zwar kann nach der Rechtspre­chung des BAG eine Überlassung von 48 Monaten nach dem Arbeitnehmer­überlassungsgesetz zulässig sein (z.B. BAG-Urteil vom 14.09.2022 ‑ 4 AZR 83/21, BAGE 179, 78 zu § 1 Abs. 1b AÜG i.d.F. des Gesetzes zur Ände­rung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21.02.2017, BGBl I 2017, 258). Aufgrund der Feststellungen des FG ist aber nicht ersichtlich, dass der Kläger im Rahmen der Entfristung des Arbeitsver­hältnisses mit der Z am 28.11.2015 für mehr als 48 Monate der E überlassen und deren Tätigkeitsstätte R zugeordnet wurde.

e) Fehlt es mithin in den Streitjahren an einer dauerhaften Zuordnung des Klägers an die Tätigkeitsstätte R, kommt es im Streitfall auch nicht mehr da­rauf an, ob das Inkrafttreten des § 1 Abs. 1b AÜG ‑‑eingefügt durch das Ge­setz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Geset­ze vom 21.02.2017 (BGBl I 2017, 258)‑‑ zum 01.04.2017 einen Umstand darstellt, der zu der Annahme zwingt, dass Z eine neue Entscheidung zur Zu­ordnung des Klägers an die Tätigkeitsstätte R getroffen hat, die eine Neubeur­teilung der Dauerhaftigkeit der Zuordnung ab diesem Zeitpunkt erforderlich erscheinen lässt. Zwar darf der Verleiher nach § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG densel­ben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate dem­selben Entleiher überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen. Gleich­wohl bewirkte die gesetzliche Neuregelung keine wesentliche Änderung des maßgeblichen Leiharbeitsverhältnisses zwischen Z und dem Kläger, welche eine Neubewertung der bisherigen Zuordnungsentscheidung der Z zu diesem Zeitpunkt erfordert hätte. Hätte zu diesem Zeitpunkt ‑‑anders als im Streit­fall‑‑ ausgehend von der maßgeblichen ex ante Betrachtung eine dauerhafte Zuordnung des Klägers an die Tätigkeitsstätte R vorgelegen, hätte die gesetz­liche Neuregelung des § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG ‑‑eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21.02.2017 (BGBl I 2017, 258) zum 01.04.2017‑‑ lediglich zur Folge ge­habt, dass die Zuordnung zu dieser Tätigkeitsstätte auf höchstens weitere 18 Monate begrenzt gewesen wäre. Damit hätte sich steuerrechtlich eine ‑‑im Streitfall nicht vorliegende‑‑ dauerhafte Zuord­nung jedoch nicht in eine befristete Zuordnung gewandelt. Vielmehr hätte eine dauerhafte Zuordnungsentscheidung bis zum tatsächlichen Ende des bereits vor der Gesetzesänderung begründeten Überlassungsverhältnisses fortgewirkt.

Die gesetzliche Neuregelung kann insoweit keine anderen Rechtsfolgen zeiti­gen als ein in naher Zukunft beabsichtigter oder erzwungener Wechsel eines Arbeitsplatzes oder eine Versetzung. Auch in diesen Fällen würde ausgehend von der ex ante Betrachtung eine dauerhafte Zuordnungsentscheidung erst ab dem Eintritt des Ereignisses zu einer steuerlichen Neubewertung führen.

4. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Der Senat kann in der Sache entscheiden, da diese spruchreif ist.

Die Anzahl der Tage und die gefahrenen Kilometer stehen zwischen den Betei­ligten nicht in Streit. Für das Streitjahr 2017 ist dem Klagebegehren bereits durch die Aufhebung des Einkommensteuerbescheids vom 16.01.2020 Genüge getan, da insoweit der Einkommensteuerbescheid vom 08.10.2019 wiederauf­lebt, in dem das FA die Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen in dem vom Kläger begehrten Umfang anerkannt hatte.

Für das Streitjahr 2018 hat der Kläger Fahrtaufwendungen zwischen seiner Wohnung und der Tätigkeitsstätte R für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 31.08.2018 an 154 Tagen mit 35 km nach Reisekostengrundsätzen gel­tend gemacht. Das FA hat insoweit lediglich die Entfernungspauschale aner­kannt. Mithin sind weitere Werbungskosten in Höhe von 1.617 € (154 Tage * 35 km * 0,30 €) anzuerkennen.

5. Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

6. Der Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; zuständig ist deshalb das Gericht des ers­ten Rechtszuges, im Streitfall das FG (Senatsurteil vom 15.02.2017 ‑ VI R 30/16, BFHE 257, 96, BStBl II 2017, 644, Rz 28, m.w.N.).

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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