Nachweis der Zwangsläufigkeit von bestimmten Aufwendungen im Krankheitsfall - Neuregelung im Steuervereinfachungsgesetz 2011
BFH 27.6.2012, Pressemitteilung Nr. 49
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 19.4.2012, VI R 74/10 entschieden, dass die vom Gesetzgeber eingeführten formellen Anforderungen an  den Nachweis bestimmter Krankheitskosten (für deren Anerkennung als  außergewöhnliche Belastung) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind.
 
 Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird die Einkommensteuer auf  Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen  als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher  Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen  Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Hierzu können auch  Aufwendungen im Krankheitsfall gehören. Bestimmte Krankheitskosten, bei denen  die medizinische Notwendigkeit nicht offensichtlich ist, dürfen allerdings nur  noch berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige ihre Zwangsläufigkeit z.B.  durch ein amtsärztliches Gutachten nachweist. Eine entsprechende gesetzliche  Regelung (§ 33 Abs. 4 EStG und § 64 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung)  hat der Gesetzgeber durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingeführt. Der  Gesetzgeber hat damit auf die Änderung einer langjährigen Rechtsprechung  reagiert. Der BFH hatte 2010 dem seit jeher verlangten formellen Nachweis  mangels einer gesetzlichen Grundlage eine Absage erteilt (BFH Urteile vom 11.11.2010, VI R 17/09 = SIS 11 01 54 und VI R 16/09 = SIS 11 01 53; Pressemitteilung Nr. 5 vom 19.1.2011).
 
 Die Kläger machten u.a. die Kosten für einen Kuraufenthalt als außergewöhnliche  Belastungen geltend. Sie hatten die medizinische Notwendigkeit der Kur jedoch  nicht durch ein vor Kurbeginn ausgestelltes amtsärztliches oder vergleichbares  Attest belegt. Finanzamt und Finanzgericht ließen die Aufwendungen deshalb nicht  zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zu. Die Revision der Kläger war  ebenfalls erfolglos. Auf die strenge Art des Nachweises kann nach geltendem  Recht nicht (mehr) verzichtet werden. Die nun vom Gesetzgeber geregelten  Anforderungen an den Nachweis bestimmter Krankheitskosten sind von Verfassungs  wegen nicht zu beanstanden. Auch der Umstand, dass die neuen Nachweisregelungen  rückwirkend in allen noch offenen Fällen anzuwenden sind, ist  verfassungsrechtlich unbedenklich; darin liegt keine unzulässige Rückwirkung.
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