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BFH: Sanierungsertrag im Sonderbetriebsvermögen und Begriff der unternehmensbezogenen Sanierung bei einer Mitunternehmerschaft

  1. Ein im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers angefallener Sanie­rungsertrag im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist ‑‑wie ein im Gesamthandsbereich einer Mitunternehmerschaft ange­fallener Sanierungsertrag‑‑ nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG festzustellen.
  2. Bei einer Mitunternehmerschaft müssen die einzelnen Tatbestandsmerkmale einer unternehmensbezogenen Sanierung im Sinne des § 3a Abs. 2 EStG be­zogen auf die Gesellschaft vorliegen.
  3. Für die Auslegung der in § 3a Abs. 2 EStG enthaltenen Tatbestandsmerk­male ist auf die zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. ergangenen Rechtsprechungsleitlinien zurückzugreifen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 09.08.2024 ‑ X B 94/23, BStBl II 2025, 145, Rz 20; vom 27.11.2020 ‑ X B 63/20, Rz 7).

AO § 171 Abs. 10 Satz 1, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
EStG a.F. § 3 Nr. 66
EStG § 3a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 4
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a

BFH-Urteil vom 21.8.2025, IV R 23/23 (veröffentlicht am 13.11.2025)

Vorinstanz: FG Münster vom 4.9.2023, 9 K 3511/20 F = SIS 23 20 69

I. Streitig ist nur noch, ob die Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 des Einkommensteu­ergesetzes (EStG) vorliegen.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Kom­plementärin der Klägerin ist die nicht am Vermögen beteiligte … Verwaltungs GmbH mit dem Beigeladenen als einzigem Geschäftsführer. An der Klägerin waren im Jahr 2013 (Streitjahr) der Beigeladene zu 5 % und Frau A zu 95 % als Kommanditisten beteiligt.

Die Klägerin betreibt eine Fremdenpension mit Restauration. Den Betrieb ein­schließlich des zugehörigen Betriebsgrundstücks hatte der Beigeladene im Mai 1997 von seinem Vater übernommen und zunächst als Einzelunternehmen fortgeführt. Zum Betrieb des Beigeladenen gehörten unter anderem mehrere Verbindlichkeiten aus Darlehen, welche die Sparkasse ihm gewährt hatte. Die Darlehensforderungen waren mit Grundschulden auf dem Betriebsgrundstück des Beigeladenen besichert.

Seit dem Jahr 2005 verpachtet der Beigeladene den Betrieb an die Klägerin. Das bisherige Betriebsvermögen des Einzelunternehmens ‑‑einschließlich der betrieblichen Darlehensverbindlichkeiten‑‑ wird seit dem Beginn der Verpach­tung als Sonderbetriebsvermögen und die Pachteinnahmen werden als Son­derbetriebseinnahmen des Beigeladenen bei der Klägerin behandelt.

Bereits seit 2001 befand sich der Pensionsbetrieb in finanziellen Schwierigkei­ten, die sich in den Folgejahren verschärften. Vor diesem Hintergrund began­nen im Jahr 2011 Verhandlungen zwischen dem Beigeladenen und der Spar­kasse über einen Teilerlass der bestehenden Darlehensforderungen gegen Leistung eines Einmalbetrags. Die Refinanzierung des Einmalbetrags sollte über ein örtliches Kreditinstitut erfolgen. Die Sparkasse sagte im November 2012 zu, im Fall der Zahlung von 350.000 € auf ihre darüber hinausgehenden Darlehensforderungen gegen den Beigeladenen zu verzichten. Der Beigeladene leistete den Einmalbetrag im Streitjahr, woraufhin die Sparkasse auf die ver­bleibenden Darlehensforderungen verzichtete. Den Einmalbetrag refinanzierte der Beigeladene über zwei Darlehen der Volksbank.

Der Beigeladene erzielte im Streitjahr aus dem Forderungsverzicht der Spar­kasse in seinem Sonderbetriebsvermögen bei der Klägerin einen bilanziellen Ertrag in Höhe von 348.574,24 €.

Im Jahr 2015 reichte die Klägerin ihre Feststellungserklärung für das Streitjahr ein und beantragte, den bilanziellen Ertrag des Beigeladenen aus dem Forde­rungsverzicht der Sparkasse als sogenannten Sanierungsgewinn aus Billig­keitsgründen nach § 163 der Abgabenordnung (AO) bei der Feststellung des Sonderbetriebsgewinns unberücksichtigt zu lassen.

Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) erließ am 17.12.2015 ei­nen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteue­rungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) für das Streitjahr und stellte für den Beigeladenen einen Sonderbetriebsgewinn in Höhe von insgesamt 358.522,91 € unter Ansatz des bilanziellen Ertrags aus dem Forderungsver­zicht fest.

Das FA lehnte den Antrag der Klägerin auf eine Steuerfreistellung des bilanzi­ellen Ertrags aus dem Forderungsverzicht der Sparkasse als Sanierungsgewinn aus Billigkeitsgründen nach §§ 163, 227 AO mit Bescheid vom 26.01.2016 ab. Den hiergegen von der Klägerin eingelegten Einspruch wies das FA mit Ein­spruchsentscheidung vom 05.01.2018 als unbegründet zurück, woraufhin die Klägerin Klage beim Finanzgericht (FG) erhob, diese aber mit Schriftsatz vom 04.01.2021 wieder zurücknahm.

Bereits am 07.05.2020 hatte die Klägerin beim FA beantragt, den Gewinnfest­stellungsbescheid für das Streitjahr gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 AO zu ändern und den in dem steuerlichen Gewinn enthaltenen Sanie­rungsgewinn in Höhe von 348.574,24 € aus sachlichen Billigkeitsgründen bei der Festsetzung nicht zu berücksichtigen. Ihr Vertreter habe bereits im Erörte­rungstermin am 28.01.2019 erklärt, allen verfahrensrechtlichen Erfordernissen zuzustimmen und erforderliche Anträge auf Anwendung des § 3a EStG zu stel­len. Der Antrag auf Anwendung des § 3a EStG stelle ein rückwirkendes Ereig­nis dar.

Das FA lehnte den Antrag am 04.08.2020 ab und wies den hiergegen gerichte­ten Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 13.11.2020 zu­rück.

Die daraufhin erhobene Klage war erfolgreich. Das FG verpflichtete das FA un­ter Aufhebung des Bescheids über die Ablehnung des Antrags auf Änderung der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlusts nach § 15a EStG für 2013 vom 04.08.2020 und der Einspruchsentscheidung vom 13.11.2020, einen Sanierungsertrag im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG für 2013 in Höhe von 348.574,24 € festzu­stellen und den außerordentlichen Ertrag in Höhe von 348.574,24 € bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der einkommensteuerpflichtigen und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte 2013 außer Ansatz zu lassen.

Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung des Verfahrensrechts (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) und des materiellen Rechts (§ 3a EStG).

Das FA beantragt,
das Urteil des FG Münster vom 04.09.2023 ‑ 9 K 3511/20 F aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhand­lung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG ist rechtsfeh­lerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen einer unterneh­mensbezogenen Sanierung im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 EStG gegeben seien.

1. Das FG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass Gegenstand der Klage der Klägerin sowohl der erstmalige Erlass eines Feststellungsbescheids gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG über die Höhe des Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG für 2013 als auch der Erlass eines hinsichtlich des Sonderbetriebsgewinns des Beigeladenen geänderten Gewinnfeststellungsbe­scheids war.

a) Die gesonderte Feststellung gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG der Höhe des Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG erfolgt in einem eigenständi­gen Verwaltungsakt. Dies gilt nicht nur im Fall eines im Gesamthandsbereich einer Mitunternehmerschaft erzielten Sanierungsertrags (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 10.10.2024 ‑ IV R 1/22, BStBl II 2025, 294, Rz 29), sondern ebenso, wenn es ‑‑wie hier‑‑ um die Behandlung eines im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers angefallenen Sanierungser­trags als steuerfrei geht.

Dieser Feststellungsbescheid nach § 3a Abs. 4 EStG ist als Grundlagenbe­scheid für die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungs­grundlagen gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO bindend (BFH-Urteil vom 10.10.2024 ‑ IV R 1/22, BStBl II 2025, 294).

b) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Klägerin gegenüber dem FA nicht nur eine Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids, sondern zu­gleich auch den Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 3a Abs. 4 EStG be­antragt und beide Begehren auch im Klageverfahren weiter verfolgt hat.

Sie begehrt danach zum einen die Verpflichtung des FA zum Erlass eines Fest­stellungsbescheids nach § 3a Abs. 4 EStG, dass der vom Beigeladenen in sei­nem Sonderbetriebsbereich bei der Klägerin erzielte Ertrag aus dem anteiligen Forderungsverzicht der Sparkasse als Sanierungsertrag nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG steuerfrei gestellt wird. Zum anderen begehrt sie die Berücksich­tigung des (festzustellenden) steuerfreien Sanierungsertrags bei der Ermitt­lung des Sonderbetriebsgewinns des Beigeladenen und eine Änderung der ent­sprechenden Feststellung im Gewinnfeststellungsbescheid.

2. Die so verstandene Klage hat das FG zutreffend als zulässig angesehen.

a) Die Klägerin ist nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a FGO i.d.F. des Art. 27 des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes vom 22.12.2023 (BGBl. 2023 I Nr. 411; zur Anwendung der Neufassung für im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bereits anhängige Klageverfahren s. BFH-Urteil vom 08.08.2024 ‑ IV R 1/20, BStBl II 2025, 122, Rz 25) hinsichtlich beider Verfahrensgegenstände klagebefugt (zur Feststellung der Höhe des Sanierungsertrags s. insbesondere BFH-Urteil vom 10.10.2024 ‑ IV R 1/22, BStBl II 2025, 294, Rz 41).

b) Auch wenn der von der Klägerin begehrte Feststellungsbescheid nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG, soweit darin die Höhe des Sanierungsertrags nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG festgestellt wird, Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 Satz 1 AO) für den Gewinnfeststellungsbescheid der Mitunternehmerschaft als dessen Folgebescheid ist, ist die Klage hinsichtlich der Änderung des Gewinn­feststellungsbescheids gleichwohl zulässig. Denn selbst wenn mit der gegen den Folgebescheid gerichteten Klage ausschließlich Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid vorgebracht werden, bleibt diese Klage ‑‑trotz der Rege­lungen in § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 AO‑‑ zulässig (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25.05.2023 ‑ IV R 33/19, BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927, Rz 33).

c) Es fehlt hinsichtlich des von der Klägerin begehrten Feststellungsbescheids nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG über die Höhe des nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG steuerfreien Sanierungsertrags auch nicht an der Durchführung eines Vorver­fahrens (§ 44 Abs. 1 FGO).

aa) Die Einspruchsentscheidung des FA vom 13.11.2020 bezeichnet zwar als Streitgegenstand lediglich einen "Antrag auf Änderung der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenba­ren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2013". Allerdings begehrte die Klä­gerin bereits in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Einspruchsverfah­ren die Berücksichtigung eines steuerfreien Sanierungsgewinns nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 3a EStG. Über diesen Antrag hat das FA mit seiner Einspruchsentscheidung vom 13.11.2020 auch ablehnend entschieden. Denn aus seiner Sicht sei der Antrag auf Anwendung des § 3a EStG kein rück­wirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und zudem lä­gen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 3a EStG nicht vor. Da­nach hat das FA selbst ‑‑wie nachfolgend auch das FG‑‑ den Umstand, dass die Klägerin nicht bereits im Einspruchsverfahren explizit den Erlass eines ei­genständigen Feststellungsbescheids nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG über die Höhe des steuerfreien Sanierungsertrags (als weiteres Verpflichtungsbegeh­ren) beantragt hat, nicht als Hinderungsgrund angesehen, inhaltlich über den Anspruch der Klägerin auf eine Steuerfreistellung des Sanierungsertrags nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 3a EStG zu entscheiden.

bb) Bei der Auslegung des Einspruchsbegehrens der Klägerin ist ferner zu be­rücksichtigen, dass der erkennende Senat erstmalig mit seinem Urteil vom 10.10.2024 ‑ IV R 1/22 (BStBl II 2025, 294) ‑‑und damit erst nach Beendi­gung des im Streitfall geführten Einspruchsverfahrens (und auch des nachfol­genden Klageverfahrens)‑‑ entschieden hat, dass in den Fällen des § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG die Steuerfreiheit des Sanierungsertrags in einem eigenständigen Verwaltungsakt und nicht im Gewinnfeststellungsbescheid im Sinne des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO festzustellen ist (BFH-Urteil vom 10.10.2024 ‑ IV R 1/22, BStBl II 2025, 294, Rz 29).

3. Zu Recht ist das FG auch davon ausgegangen, dass der Erlass eines Fest­stellungsbescheids nach § 3a Abs. 4 Satz 1 EStG über die Höhe eines steuer­freien Sanierungsertrags verfahrensrechtlich noch möglich ist (dazu ausführ­lich BFH-Urteil vom 10.10.2024 ‑ IV R 1/22, BStBl II 2025, 294). Da dies zwi­schen den Beteiligten nicht (mehr) streitig ist, sieht der Senat insoweit von weiteren Ausführungen ab.

4. Das Urteil des FG ist aber aufzuheben, weil sich auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen nicht beurteilen lässt, ob sämtliche Voraussetzun­gen einer unternehmensbezogenen Sanierung im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 EStG vorliegen. Das Fehlen ausreichender tatsächlicher Feststel­lungen ist ein materiell-rechtlicher Fehler (z.B. BFH-Urteil vom 08.08.2024 ‑ IV R 1/20, BStBl II 2025, 122, Rz 29).

a) Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 EStG sind Betriebsvermögensmehrungen oder Be­triebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmens­bezogenen Sanierung steuerfrei. Eine solche Sanierung liegt nach der Legalde­finition in § 3a Abs. 2 EStG vor, wenn der Steuerpflichtige für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schul­denerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweist.

b) Die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 3a Abs. 2 EStG müssen ‑‑wie sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift ("unternehmensbezogene Sanierung") ergibt‑‑ für das Unternehmen selbst vorliegen. Eine unternehmer­bezogene Sanierung ist nur in den Fällen des § 3a Abs. 5 EStG begünstigt (vgl. Kahlert/Schmidt, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2017, 1897, 1898; BeckOK EStG/Bleschick, 22. Ed. 01.07.2025, EStG § 3a Rz 271; Brandis/Heuermann/Krumm, § 3a EStG Rz 22a; Schmidt/Levedag, EStG, 44. Aufl., § 3a Rz 45).

Für den Fall einer Mitunternehmerschaft folgt daraus, dass die einzelnen Tat­bestandsmerkmale des § 3a Abs. 2 EStG bezogen auf die Gesellschaft vorlie­gen müssen. Es genügt nicht, dass sie in der Person des Gesellschafters erfüllt sind (vgl. Desens, Betriebs-Berater 2023, 2326, 2328 f.; Kahlert/Schmidt, DStR 2017, 1897, 1901; BeckOK EStG/Bleschick, 22. Ed. 01.07.2025, EStG § 3a Rz 287; Brandis/Heuermann/Krumm, § 3a EStG Rz 22a; Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 24. Aufl., § 3a Rz 20; so auch bereits zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. BFH-Urteile vom 27.01.1998 ‑ VIII R 64/96, BFHE 186, 12, BStBl II 1998, 537, unter II.3.a; vom 03.07.1997 ‑ IV R 31/96, BFHE 183, 509, BStBl II 1997, 690, unter 2.a [Rz 16]).

c) Für die Auslegung der in § 3a Abs. 2 EStG enthaltenen Tatbestandsmerk­male ist auf die zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. ergangenen Rechtsprechungsleitlinien zurückzugreifen (so bereits BFH-Beschlüsse vom 09.08.2024 ‑ X B 94/23, BStBl II 2025, 145, Rz 20; vom 27.11.2020 ‑ X B 63/20, Rz 7; ebenso Kontny/Wagner, Steuerberater-Jahrbuch 2023/2024, 229, 232; BeckOK EStG/Bleschick, 22. Ed. 01.07.2025, EStG § 3a Rz 271; Brandis/Heuermann/Krumm, § 3a EStG Rz 22; Schmidt/Levedag, EStG, 44. Aufl., § 3a Rz 20; Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 24. Aufl., § 3a Rz 19).

d) Davon ausgehend ist das angefochtene Urteil revisionsrechtlich nicht zu be­anstanden, soweit das FG angenommen hat, dass das Unternehmen der Klä­gerin sanierungsbedürftig gewesen sei (dazu unter aa) und die Sparkasse als Gläubigerin mit Sanierungsabsicht gehandelt habe (dazu unter bb). Die An­nahme des FG, dass das Unternehmen der Klägerin sanierungsfähig und der Schuldenerlass der Sparkasse zur Sanierung geeignet gewesen seien, lässt sich jedoch nicht auf die vom FG hierzu getroffenen Feststellungen stützen (dazu unter cc); sein Urteil war daher aufzuheben.

aa) Das Unternehmen der Klägerin war sanierungsbedürftig.

(1) Die Sanierungsbedürftigkeit meint die Existenzbedrohung durch Über­schuldung oder Ähnliches (BFH-Urteil vom 03.07.1997 ‑ IV R 31/96, BFHE 183, 509, BStBl II 1997, 690, unter 2.b [Rz 20]; vgl. auch BFH-Urteil vom 18.12.1990 ‑ VIII R 39/87, BFHE 164, 404, BStBl II 1991, 784, unter 2. [Rz 15]).

(a) Bei der Prüfung, ob ein Unternehmen sanierungsbedürftig ist, sind die Ver­hältnisse im Zeitpunkt des Schuldenerlasses maßgebend (so nunmehr aus­drücklich § 3a Abs. 2 EStG). Es kommt entscheidend darauf an, wie sich das Unternehmen ohne den Schuldenerlass weiterentwickeln würde. Für die Prog­nose sind insbesondere die Ertragslage, die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung, die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unter­nehmens, das Verhältnis der flüssigen Mittel zur Höhe der Schuldenlast und die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens zu untersuchen. Haften natür­liche Personen für die Unternehmensverbindlichkeiten, so ist die Höhe ihres Privatvermögens in die Betrachtung einzubeziehen. Ein Unternehmen ist nicht sanierungsbedürftig, wenn durch Heranziehen des Privatvermögens die Ver­pflichtungen erfüllt werden können. Die Überschuldung einer Gesellschaft mit persönlich haftenden Gesellschaftern führt deshalb nicht zwangsläufig zur An­nahme der Sanierungsbedürftigkeit (BFH-Urteil vom 27.01.1998 ‑ VIII R 64/96, BFHE 186, 12, BStBl II 1998, 537, unter II.3.c, m.w.N.).

(b) Anhaltspunkte für die Sanierungsbedürftigkeit eines Unternehmens können nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung zum Beispiel sein, dass die kreditge­benden Banken eine Verminderung des bisherigen Kreditlimits anstreben oder einen Voll- oder Teilerlass ihrer Forderungen gegenüber dem Unternehmen in Erwägung ziehen (vgl. BFH-Urteil vom 22.11.1983 ‑ VIII R 14/81, BFHE 140, 521, BStBl II 1984, 472, unter II.3. [Rz 31], zu § 11 Nr. 4 des Körperschaft­steuergesetzes a.F. ‑‑Vorgängerreglung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F.‑‑). Wenn sich mehrere Gläubiger an einer Sanierung beteiligen, ist die Sanierungsbedürftig­keit zu vermuten (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 ‑ GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 62, m.w.N.).

(2) Im Fall einer Mitunternehmerschaft ist das Merkmal der Sanierungsbedürf­tigkeit ‑‑wie die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 3a Abs. 2 EStG‑‑ unter­nehmensbezogen auszulegen. Dies gilt auch dann, wenn die Betriebsvermö­gensmehrung aufgrund eines Schuldenerlasses nicht im Gesamthandsvermö­gen, sondern im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers anfällt. In einem solchen Fall ist das Merkmal der Sanierungsbedürftigkeit dementspre­chend nur dann gegeben, wenn die Gesellschaft als solche in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. Es reicht demgegenüber nicht aus, wenn ein Mit­unternehmer (Inhaber des Sonderbetriebsvermögens) nicht mehr in der Lage ist, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen (BFH-Urteil vom 03.07.1997 ‑ IV R 31/96, BFHE 183, 509, BStBl II 1997, 690, unter 2.a [Rz 16]). Bei einer Überschuldung des Sonderbetriebsvermögens eines Gesell­schafters ist das Merkmal der Sanierungsbedürftigkeit nur dann gegeben, wenn die Gesellschaft als solche ohne den Schuldenerlass in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wäre (BFH-Urteil vom 27.01.1998 ‑ VIII R 64/96, BFHE 186, 12, BStBl II 1998, 537, unter II.3.a).

Wirtschaftliche Schwierigkeiten für das Unternehmen der Gesellschaft können sich zum Beispiel daraus ergeben, dass sie selbst infolge der wirtschaftlichen Verhältnisse des persönlich haftenden Gesellschafters nicht mehr kreditwürdig ist. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten eines Gesellschafters können auch zur Zerschlagung des Unternehmens führen, wenn Gläubiger in den Gesellschafts­anteil vollstrecken. Dies liegt zumindest dann nahe, wenn die Kapitalausstat­tung der Gesellschaft wesentlich durch die Beteiligung des Gesellschafters be­stimmt ist und der Betrieb wesentlich auf dessen persönlicher Mitarbeit beruht, welche durch eine Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen gegebenenfalls beendet würde (vgl. BFH-Urteil vom 27.01.1998 ‑ VIII R 64/96, BFHE 186, 12, BStBl II 1998, 537, unter II.3.b).

(3) Das FG ist nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin ohne den Schuldenerlass der Spar­kasse selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wäre.

(a) Zwar betraf die Überschuldung nicht das Gesamthandsvermögen der Klä­gerin, sondern das Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen bei der Kläge­rin. Allerdings ging das FG davon aus, dass die Klägerin ohne einen Schulden­erlass zugunsten des Beigeladenen selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wäre, da die Darlehensverbindlichkeiten mit dem von der Klägerin für ihren Betrieb angepachteten Betriebsgrundstück besichert gewesen seien. Da­her hätte der Klägerin im Fall der Zwangsvollstreckung in das (Sonderbe­triebs‑)Vermögen des Beigeladenen der Verlust ihrer Betriebsgrundlage ge­droht. Aus Sicht des FG kam hinzu, dass aufgrund der wirtschaftlichen Schwie­rigkeiten des Beigeladenen dieser mit seiner für den Betrieb der Klägerin we­sentlichen Arbeitskraft wegzufallen drohte. Des Weiteren hätte ein Insolvenz­verfahren über das Vermögen des Beigeladenen, dessen Eröffnung zumindest gedroht habe, einen Ausfall der Forderungen der Klägerin gegen den Beigela­denen zur Folge gehabt und damit zu einer Verschärfung der wirtschaftlichen Lage der Klägerin geführt.

(b) Diese Würdigung des FG ist, wenn auch nicht zwingend, zumindest mög­lich. Sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfah­rungssätze und ist damit für den erkennenden Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

bb) Das FG ist ‑‑entgegen der Auffassung des FA‑‑ rechtsfehlerfrei vom Vor­liegen der erforderlichen Sanierungsabsicht der Sparkasse ausgegangen.

(1) Der BFH hat im Rahmen seiner Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Anforderungen an das Merkmal der Sanierungsabsicht der Gläubiger nicht durchgehend deckungsgleich beurteilt (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 ‑ GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 64).

(a) Die eher strenge Betrachtung vornehmlich durch den VIII. Senat des BFH hielt dominierende selbstnützige Motive der Gläubiger insoweit für schädlich und forderte stattdessen, dass die Absicht der Sanierung des Schuldners aus der Perspektive des Gläubigers "entscheidend ins Gewicht fällt" (BFH-Urteil vom 28.02.1989 ‑ VIII R 303/84, BFHE 157, 51, BStBl II 1989, 711, unter 4.) oder zumindest "maßgeblich mitbeabsichtigt" ist (BFH-Urteil vom 19.10.1993 ‑ VIII R 61/92, BFH/NV 1994, 790, unter II.1.c).

(b) Demgegenüber ließ es der BFH ‑‑unter anderem auch der erkennende Se­nat‑‑ in zahlreichen weiteren Entscheidungen genügen, wenn neben selbstnüt­zigen Motiven des Gläubigers ‑‑wie zum Beispiel der Rettung zumindest eines Teils der Forderung oder des Erhalts der Geschäftsverbindung‑‑ die Sanie­rungsabsicht lediglich (schlicht) "mitentscheidend" ist (BFH-Urteile vom 12.10.2005 ‑ X R 20/03, BFH/NV 2006, 713, unter II.2.c; vom 10.04.2003 ‑ IV R 63/01, BFHE 202, 452, BStBl II 2004, 9, unter 2.; vom 26.02.1988‑ III R 257/84, BFH/NV 1989, 436, unter 4.a; vom 26.11.1980 ‑ I R 52/77, BFHE 132, 72, BStBl II 1981, 181, unter I.2.).

(c) Es findet sich indes keine höchstrichterliche Entscheidung, die nicht for­dert, dass der Gläubiger ‑‑selbst bei vordergründigem Selbstnutz‑‑ zumindest auch in der Absicht fremdnütziger Sanierung handeln muss (BFH-Beschluss vom 27.11.2020 ‑ X B 63/20, Rz 8).

(2) Die Rechtsprechung hat das Vorliegen der Sanierungsabsicht unterstellt, wenn sich mehrere Gläubiger an einem Schuldenerlass beteiligen. In einem solchen Fall kann davon ausgegangen werden, dass das gleichgerichtete Vor­gehen Mehrerer nicht allein von deren jeweiligen Interessen geleitet wird. Aber auch im Fall des Erlasses durch nur einen Gläubiger ist nicht schlechthin aus­geschlossen, dass dieser in Sanierungsabsicht gehandelt hat. Es ist dann le­diglich anhand anderer Indizien zu prüfen, ob dem Schuldenerlass die Absicht zugrunde gelegen hat, den Schuldner vor dem Zusammenbruch zu bewahren (BFH-Urteil vom 10.04.2003 ‑ IV R 63/01, BFHE 202, 452, BStBl II 2004, 9, unter 2., m.w.N.).

(3) Wird ein Sanierungsplan aufgestellt, der die Ablösung eines alten Kreditge­bers durch Beschaffung neuen Fremd- und Eigenkapitals vorsieht, kann der Verzicht des ausscheidenden Kreditgebers auf einen gewichtigen Teil seiner Forderung nur mit der Herstellung der dauerhaften Zahlungsfähigkeit und da­mit der Sanierung des Unternehmens erklärt werden. Es reicht dabei aus, dass diese Sanierung nur ein Nebenziel des Gläubigers ist, das erreicht werden muss, damit das Kapital zur Ablösung des Restkredits beschafft werden kann (BFH-Urteil vom 10.04.2003 ‑ IV R 63/01, BFHE 202, 452, BStBl II 2004, 9, unter 3. [Rz 14]).

(4) Das FG ist bei seiner Entscheidung von den vorgenannten ‑‑weniger stren­gen‑‑ Grundsätzen, die der erkennende Senat auch für die Auslegung des § 3a Abs. 2 EStG als zutreffend erachtet, ausgegangen (dazu unter (a)). Die Fest­stellung des FG, dass die Sparkasse den teilweisen Verzicht auf ihre Darle­hensforderungen auch in der Absicht erklärt habe, die Sanierung des Unter­nehmens der Klägerin zu ermöglichen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstan­den (dazu unter (b)).

(a) Das FG ist in seiner Entscheidung in Übereinstimmung mit den vorgenann­ten Rechtsprechungsgrundsätzen davon ausgegangen, dass an die Sanie­rungsabsicht keine strengen Anforderungen zu stellen seien und es ausrei­chend sei, dass eine Sanierungsabsicht für den Schuldenerlass mitentschei­dend gewesen sei. Eine fremdnützige Sanierungsabsicht des Gläubigers dürfe jedoch nicht völlig fehlen.

Das FG hat diese Grundsätze auch angewendet, indem es ausgehend von sei­ner Feststellung, dass die Absicht zur Sanierung des Betriebs der Klägerin mit­entscheidend für den Schuldenerlass gewesen sei, die Voraussetzung der Sa­nierungsabsicht als erfüllt angesehen hat.

Entgegen der Auffassung des FA kommt es danach nicht darauf an, ob die Sparkasse vorrangig daran interessiert gewesen ist, die Geschäftsbeziehung zum Beigeladenen ‑‑so weit wie möglich schadlos‑‑ zu beenden. Denn eine Sanierungsabsicht ist auch dann anzunehmen, wenn es sich dabei ‑‑wie im Streitfall‑‑ nur um ein Nebenziel handelt, das erreicht werden musste, damit das Kapital zur Ablösung des Restkredits beschafft werden konnte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.05.2002 ‑ IV R 11/01, BFHE 199, 278, BStBl II 2002, 854, unter 3.c).

(b) Das FG ist unter Bezugnahme auf die Bestätigung der Sparkasse vom 09.03.2015, deren Beschlussvorschlag vom 14.11.2012 und unter Berücksich­tigung der Aussage des Zeugen A zu der Überzeugung gelangt, dass die Sparkasse auf einen Teil ihrer Darlehensforderung auch deshalb ver­zichtet habe, um eine Sanierung des Unternehmens der Klägerin zu ermögli­chen. Die Auslegung der Unterlagen und die Würdigung der Zeugenaussage sind zumindest möglich. Sie sind weder widersprüchlich, noch verstoßen sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze.

(aa) So hat das FG ‑‑wie auch das FA‑‑ zwar einen inhaltlichen Widerspruch zwischen den Ausführungen des Zeugen A und dem Inhalt der Bestätigung der Sparkasse vom 09.03.2015 gesehen. Während der Zeuge angegeben habe, dass wirtschaftliche Erwägungen für den Teilerlass der Darlehensforderung entscheidend gewesen seien, werde in dem Bestätigungsschreiben vom 09.03.2015 ausgeführt, dass die Sparkasse dem Vergleichsvorschlag des Bei­geladenen auch in der Absicht gefolgt sei, die Sanierung des Betriebs der Klä­gerin zu ermöglichen. Anders als das FA geht das FG jedoch davon aus, dass die schriftliche Bestätigung den tatsächlichen Umständen entspricht und be­gründet dies unter anderem damit, dass der Zeuge A bei den Beratungen über die Annahme des Vergleichsvorschlags nicht teilgenommen habe. Zudem sei der Vergleichsvorschlag in einem internen Beschlussvorschlag der Sparkasse vom 14.11.2012 ‑‑also unmittelbar vor der finalen Entscheidung über die An­nahme‑‑ als vorteilhaftere Variante gegenüber einer Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Beigeladenen bezeichnet worden. Diese Würdigung des FG sieht der erkennende Senat als zumindest möglich an.

(bb) Soweit das FA unter Bezugnahme auf das Beschlussprotokoll der Spar­kasse vom 14.11.2012 und der Mitteilung darüber an den Beigeladenen vom 30.11.2012 meint, die Sparkasse habe letztlich in dem irrtümlichen Glauben, dass der Betrag für die Einmalzahlung aus dem Verkauf des Unternehmens der Klägerin erzielt werde, auf einen Teil ihrer Darlehensforderungen gegen den Beigeladenen verzichtet, kommt das FA insoweit wiederum lediglich zu einer anderen Würdigung der auch vom FG berücksichtigten Unterlagen. Ein revisi­onsrechtlich zu beanstandender Fehler des FG bei der diesbezüglichen Tatsa­chenwürdigung ist in dem Vorbringen des FA jedoch nicht zu erkennen.

cc) Die Würdigung des FG dahin, dass das Unternehmen der Klägerin sanie­rungsfähig und der Schuldenerlass der Sparkasse zur Sanierung geeignet ge­wesen seien, hält hingegen einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die ihr zugrunde liegende Schlussfolgerung des FG, dass aufgrund des teilweisen Schuldenerlasses die wirtschaftliche Schieflage des Unternehmens der Klägerin aufgelöst worden sei (S. 17 des FG-Urteils), lässt sich nicht auf seine hierzu bislang getroffenen Feststellungen stützen. Sein Urteil ist daher aufzuheben.

(1) Der Schuldenerlass muss geeignet sein, das Unternehmen vor dem Zu­sammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (BFH-Urteile vom 03.07.1997 ‑ IV R 31/96, BFHE 183, 509, BStBl II 1997, 690, unter 2.a [Rz 14]; vom 18.12.1990 ‑ VIII R 39/87, BFHE 164, 404, BStBl II 1991, 784, unter 2. [Rz 15]; vom 22.11.1983 ‑ VIII R 14/81, BFHE 140, 521, BStBl II 1984, 472, unter II.1. [Rz 22]). Es ist daher zu prüfen, ob der Schuldenerlass allein oder zusammen mit anderen ‑‑auch nicht steuerbefreiten‑‑ Maßnahmen das Überleben des Betriebs zu sichern geeignet war (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 ‑ GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 63; BFH-Urteile vom 19.10.1993 ‑ VIII R 61/92, BFH/NV 1994, 790, unter II.3.b; vom 12.12.2013 ‑ X R 39/10, BFHE 244, 485, BStBl II 2014, 572, Rz 30, jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Schuldenerlas­ses (§ 3a Abs. 2 EStG). Nachträglich eingetretene Umstände, die das Gelingen der Sanierung verhinderten, rechtfertigten keine andere Beurteilung (Be­schluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 ‑ GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 63, m.w.N.).

Von einer fehlenden Eignung ist auszugehen, wenn der Schuldenerlass allein oder zusammen mit anderen Maßnahmen von vornherein erkennbar nicht aus­reicht, das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens sicherzustellen (Be­schluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 ‑ GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 63, m.w.N.). So liegt ein steuerfreier Sanierungs­gewinn nicht vor, wenn der Schuldenerlass das sanierungsbedürftige Unter­nehmen zwar vor dem Zusammenbruch bewahrt, hierdurch jedoch die Er­tragsfähigkeit nicht wiederhergestellt wird (BFH-Urteil vom 12.12.2013 ‑ X R 39/10, BFHE 244, 485, BStBl II 2014, 572, Rz 30). In diesem Zusammen­hang ist daher zu untersuchen, welche Zahlungsverpflichtungen das Unter­nehmen im Zeitpunkt des Schuldenerlasses hat, wie weit diese Verpflichtun­gen aus dem laufenden Geschäft erfüllt werden können und ob nach Fortfall der erlassenen Schulden die Zahlungsfähigkeit als gesichert angesehen wer­den kann (BFH-Urteil vom 12.12.2013 ‑ X R 39/10, BFHE 244, 485, BStBl II 2014, 572, Rz 30; vgl. auch BFH-Beschluss vom 17.02.1999 ‑ IV B 153/97, BFH/NV 1999, 929, unter 2. [Rz 6]).

Ein Indiz für die Eignung des Schuldenerlasses für eine Sanierung des Unter­nehmens kann sich aus einem Sanierungskonzept ergeben. Eine rückblickend erfolgreiche Sanierung kann ebenfalls als Indiz für eine zum Zeitpunkt des Schuldenerlasses bereits vorliegende Eignung dieser Maßnahme zur Sanierung des Unternehmens angesehen werden. Fehlt es an einem Sanierungskonzept oder verläuft eine Sanierung nicht erfolgreich, handelt es sich dabei jedoch nicht um zwingende Indizien gegen eine Eignung des Schuldenerlasses zur Sa­nierung des Unternehmens (vgl. BFH-Beschluss vom 09.08.2024 ‑ X B 94/23, BStBl II 2025, 145, Rz 23).

(2) Anders als die weiteren Tatbestandsmerkmale einer unternehmensbezoge­nen Sanierung nach § 3a Abs. 2 EStG gehörte die Sanierungsfähigkeit des Un­ternehmens nicht zu den Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit eines Schul­denerlasses nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. (vgl. Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 24. Aufl., § 3a Rz 21). Die Frage der Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens steht jedoch in einem engen Zusammenhang mit der Frage nach der Geeig­netheit eines Schuldenerlasses zur Sanierung des Unternehmens (BeckOK EStG/Bleschick, 22. Ed. 01.07.2025, EStG § 3a Rz 294; Bodden in Korn, § 3a EStG Rz 52; Bös in Bordewin/Brandt, § 3a EStG Rz 161; Brandis/Heuermann/Krumm, § 3a EStG Rz 25; Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3a EStG Rz 28; Kobor in Kirchhof/Kube/Mellinghoff, EStG, § 3a Rz C 20; Schmidt/Levedag, EStG, 44. Aufl., § 3a Rz 23; Seer in Kirchhof/Seer, EStG, 24. Aufl., § 3a Rz 21). So bedeutet Sanierungseignung (auch), dass das Unternehmen, insbesondere nach der erwarteten Ertragsentwicklung, im Zeitpunkt des Erlasses als lebens­fähig angesehen werden konnte (BFH-Urteil vom 20.02.1986 ‑ IV R 172/84, BFH/NV 1987, 493, unter 3. [Rz 14]). Daher kann von der Sanierungsfähigkeit eines Unternehmens regelmäßig ausgegangen werden, wenn der Schuldener­lass für die Sanierung des Unternehmens geeignet war.

(3) Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze ist aus revisionsrechtlicher Sicht zwar nicht zu beanstanden, dass das FG die beiden Tatbestandsmerkma­le des § 3a Abs. 2 EStG (Sanierungsfähigkeit des Unternehmens und Sanie­rungseignung des Schuldenerlasses) zusammen geprüft hat. Die vom FG ge­troffenen Feststellungen lassen jedoch nicht den Schluss zu, dass diese Tatbe­standsmerkmale im Streitfall erfüllt sind.

(a) Das FG begründet seine Annahme, dass das Unternehmen der Klägerin sanierungsfähig und der Schuldenerlass der Sparkasse zur Sanierung geeignet gewesen seien, damit, dass die Klägerin in allen Jahren Gewinne erzielt habe und die wirtschaftliche Schieflage der Klägerin nur dadurch entstanden sei, dass die Zinsen in Höhe von rund 2.500 € pro Monat für die Darlehen der Sparkasse hätten gezahlt werden müssen. Wegen dieser Belastung hätten we­der Tilgungsleistungen erbracht noch Instandhaltungsmaßnahmen durchge­führt werden können. Mit dem Wegfall der hohen Zinsverpflichtungen infolge des Schuldenerlasses sei diese wirtschaftliche Schieflage aufgelöst worden. In­soweit bestehe zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

(b) Es ist zwar zutreffend und insoweit auch vom FA nicht beanstandet, dass der teilweise Schuldenerlass für den Beigeladenen eine Minderung der laufen­den Zins- und Tilgungsleistungen bedeutet hat. Es ist jedoch ‑‑auch unter Be­rücksichtigung der in der Vergangenheit erzielten Gewinne der Klägerin‑‑ nicht nachvollziehbar, warum allein hierdurch die bisherige wirtschaftliche Schiefla­ge der Klägerin aufgelöst worden sein soll. Der Senat ist daher an diese Wür­digung des FG nicht gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).

(aa) Die Annahme des FG steht im Widerspruch zu den vom FG selbst festge­stellten Angaben der Klägerin gegenüber dem FA. Nach diesen sei die Be­triebsimmobilie in einem sehr schlechten Zustand gewesen. Instandhaltungs­maßnahmen seien in der Vergangenheit nicht im erforderlichen Umfang vor­genommen worden. Zudem habe ein unmittelbarer Wettbewerber der Kläge­rin, dessen Betrieb direkt an das Grundstück der Klägerin angrenze, einen er­heblichen Erweiterungs- und Erneuerungsbau durchgeführt, durch den der schlechte Zustand der Betriebsimmobilie noch offensichtlicher ins Auge gefal­len sei.

(bb) Sollte diese Beschreibung zum Zeitpunkt des Schuldenerlasses zutreffend gewesen sein, liegt es nahe, dass die Bewahrung des Unternehmens der Klä­gerin vor dem Zusammenbruch und die Wiederherstellung der Ertragsfähigkeit insbesondere Investitionen in den Hotelbetrieb vorausgesetzt hat. Das FG hat jedoch für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses weder Feststellungen zum tat­sächlichen Zustand des Pensionsbetriebs und zur Konkurrenzsituation der Klä­gerin, noch davon ausgehend Feststellungen dazu getroffen, ob und welche Investitionen in den Pensionsbetrieb erforderlich gewesen sind und wie diese hätten finanziert werden sollen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der von der Volksbank bereitgestellte Betrag von 350.000 € in voller Höhe vom Beigelade­nen zur Ablösung der Verbindlichkeiten gegenüber der Sparkasse verwendet werden musste.

(cc) Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es ‑‑entgegen den Ausfüh­rungen des FG‑‑ zwischen den Beteiligten auch nicht unstreitig gewesen ist, dass durch den teilweisen Schuldenerlass die wirtschaftliche Schieflage aufge­löst worden und daher eine Sanierung des Unternehmens der Klägerin möglich gewesen wäre. So hat das FA noch in der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärt, dass es die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens der Klägerin be­zweifle.

(dd) Das Vorliegen der Sanierungseignung des Schuldenerlasses und der Sa­nierungsfähigkeit des Unternehmens der Klägerin lässt sich auch nicht aus dem vom FG festgestellten Umstand, dass die Volksbank als neue Gläubigerin bereit gewesen ist, den Einmalbetrag von 350.000 € durch zwei Darlehen an den Beigeladenen zu finanzieren, herleiten. Zwar kann auch das Verhalten ei­nes Neu-Gläubigers, insbesondere seine Bereitschaft zur Finanzierung einer Ablösungszahlung, Anhaltspunkte dafür bieten, dass eine Sanierungseignung und Sanierungsfähigkeit im Sinne des § 3a Abs. 2 EStG vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 16.05.2002 ‑ IV R 11/01, BFHE 199, 278, BStBl II 2002, 854, unter 2. [Rz 17], zu § 3 Nr. 66 EStG a.F.). Im Streitfall hat das FG jedoch keine wei­teren Feststellungen zur Darlehensaufnahme des Beigeladenen bei der Volks­bank getroffen. Es ist daher zum Beispiel nicht erkennbar, ob die Volksbank davon ausgegangen ist, dass der Pensionsbetrieb der Klägerin fortbestehen und sich die Ertragslage verbessern werde, oder ob sich die Volksbank allein aufgrund der Stellung der Betriebsimmobilie des Beigeladenen als Sicherheit für die gewährten Darlehen zur Finanzierung bereit erklärt hat.

5. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann auf der Grundlage der bishe­rigen Feststellungen des FG nicht abschließend darüber entscheiden, ob der Schuldenerlass zur Sanierung geeignet und das Unternehmen der Klägerin sa­nierungsfähig waren.

6. Eine Entscheidung über die vom FA erhobene Verfahrensrüge, dass sein Vorbringen vom FG nicht vollständig berücksichtigt worden sei (Verstoß gegen den ‑‑klaren‑‑ Inhalt der Akten) und das FG damit entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO nicht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entschieden habe (vgl. BFH-Beschluss vom 15.01.2025 ‑ VI B 23/24, Rz 2), war wegen der Aufhebung des FG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das FG nicht geboten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 03.08.2022 ‑ IV R 16/19, Rz 57).

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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