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BFH: AfA nach Wegfall der gewerblichen Prägung einer Personengesellschaft; Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses

  1. Werden Wirtschaftsgüter einer gewerblich geprägten Personengesellschaft wegen des Wegfalls dieser Prägung in das Privatvermögen überführt und von der nunmehr vermögensverwaltenden Gesellschaft weiterhin zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt, sind als Bemessungs­grundlage für die Absetzungen für Abnutzungen (AfA) die im Zuge der Ermitt­lung des Gewinns oder Verlusts aus der Betriebsaufgabe steuerlich erfassten gemeinen Werte dieser Wirtschaftsgüter anzusetzen (Anschluss unter anderem an Senatsurteil vom 22.02.2021 ‑ IX R 13/19 = SIS 21 12 86).
  2. Dies gilt für die AfA in den Folgejahren nach einer Betriebsaufgabe auch dann, wenn bei der Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns oder -verlusts ein der Höhe nach unzutreffender gemeiner Wert steuerlich erfasst wurde (entge­gen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29.04.1992 ‑ XI R 5/90, BFHE 168, 161, BStBl II 1992, 969 = SIS 92 15 10).
  3. Die finanzgerichtliche Aufhebung eines Bescheids, dem materiell-rechtliche Bindungswirkung für einen anderen Bescheid zukommt, kann ein rückwirken­des Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung darstellen.

AO § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 181 Abs. 1 Satz 1
EStG § 16 Abs. 3

BFH-Urteil vom 3.6.2025, IX R 18/24 (veröffentlicht am 14.8.2025)

Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg vom 9.7.2024, 8 K 8119/23 = SIS 24 13 24

I. Streitig ist, ob bestandskräftige Bescheide nach den Vorschriften der Abga­benordnung (AO) geändert werden können.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) vermietete Immobilien und er­zielte hieraus zunächst gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Zu Beginn des Jahres 2007 entfiel die ge­werbliche Prägung der Klägerin. Dies führte zur Aufgabe deren Gewerbebe­triebs.

Für das ‑‑hier nicht streitbefangene‑‑ Jahr 2007 erklärte die Klägerin neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Verlust aus der Betriebs­aufgabe. Dieser Verlust resultierte daraus, dass die erklärten gemeinen Werte der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter (Immobilien) unter den Buchwerten lagen. Das seinerzeit zuständige Finanzamt A erließ am 12.03.2013 erklärungsgemäß einen Bescheid über die gesonderte und einheit­liche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007.

Nach einer Außenprüfung änderte der zuständig gewordene Beklagte und Re­visionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) am 07.06.2016 den Bescheid über die ge­sonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007 und stellte einen Betriebsaufgabegewinn fest, da höhere gemeine Werte für die Immobilien erfasst wurden. Gegenläufig setzte das FA die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung herab, da die als Werbungskosten abzuziehen­den Absetzungen für Abnutzung (AfA) nunmehr von einer entsprechend höhe­ren Bemessungsgrundlage vorzunehmen waren.

Anknüpfend an die Ergebnisse der Außenprüfung erließ das FA ebenfalls am 07.06.2016 zu Gunsten der Klägerin geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre 2008 bis 2011. Es berücksichtigte höhere AfA bei den Einkünften aus Vermie­tung und Verpachtung. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.

Der Einspruch der Klägerin gegen den nach der Außenprüfung geänderten Be­scheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungs­grundlagen für 2007 hatte insoweit Erfolg, als das FA den Betriebsaufgabege­winn auf 0 € herabsetzte. In der Einspruchsentscheidung vom 23.08.2021 leg­te es einerseits die von der Klägerin ursprünglich erklärten ‑‑niedrigeren‑‑ gemeinen Werte zugrunde, ging andererseits aber von entsprechend niedrige­ren Buchwerten aus. Der Ansatz der erklärungsgemäßen gemeinen Werte hat­te zur Folge, dass die AfA gemindert und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 2007 entsprechend erhöht wurden. Die nachfolgende Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied mit Urteil vom 03.05.2022 ‑ 8 K 8258/20, dass die Außenprüfung fehlerhaft angeordnet und zum Zeitpunkt des Erlasses des nach der Außenprüfung geänderten Bescheids für das Jahr 2007 bereits Feststellungsverjährung eingetreten gewesen sei. Dementspre­chend hob es sowohl den geänderten Bescheid über die gesonderte und ein­heitliche Feststellung der Einkünfte für 2007 vom 07.06.2016 als auch die nachfolgende Einspruchsentscheidung auf.

Bereits vor der Entscheidung des FG hatte das FA mit Bescheiden vom 20.04.2022 unter Hinweis auf § 174 AO die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre geändert und dabei die AfA nach Maßgabe der in der Einspruchsentscheidung für die die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2007 zugrunde gelegten geringeren gemeinen Werte gemindert. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb weitgehend erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 05.06.2023).

Mit vorliegend angefochtenem Urteil wies das FG die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte 2024, 1731). Die Bescheide über die gesonderte und ein­heitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre vom 07.06.2016 seien rechtswidrig gewesen, da bei den Einkünften aus Vermie­tung und Verpachtung jeweils zu hohe AfA in Abzug gebracht worden seien. Infolge der gerichtlichen Aufhebung des geänderten Feststellungsbescheids für 2007 vom 07.06.2016 seien die im Rahmen der Betriebsaufgabe zu berück­sichtigenden gemeinen Werte für die Immobilien nachträglich (wieder) gemin­dert worden. Dies habe für die Streitjahre eine Pflicht zur Änderung der Be­scheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungs­grundlagen nach § 174 Abs. 4 AO ausgelöst.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine rechtsfehlerhafte Anwendung von § 174 Abs. 4 AO.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 09.07.2024 ‑ 8 K 8119/23 sowie die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2008 bis 2011 vom 20.04.2022 und die hierauf ergangene Einspruchsentscheidung vom 05.06.2023 aufzuheben.

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Das FA führt an, dass auch die Voraussetzungen für eine Änderung der Be­scheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorlägen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

II. Die unbegründete Revision ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Bescheide über die ge­sonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre 2008 bis 2011 vom 07.06.2016 zu Lasten der Klägerin zu ändern sind. Rechtsgrundlage hierfür ist jedenfalls § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (dazu unter 1.). Ob darüber hinaus eine Änderung nach § 174 Abs. 4 AO möglich ist, bedarf keiner Entscheidung des Senats (unter 2.).

1. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide zu erlassen, auf­zuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Für Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gilt die Vorschrift sinn­gemäß (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO).

a) Das FG ist zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Anwen­dungsbereich der Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO im Streitfall eröffnet ist.

Die von der Änderung betroffenen Bescheide vom 07.06.2016 waren rechts­widrig, weil bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu hohe Werbungskosten abgezogen wurden. Dies beruhte auf einer unzutreffenden ‑‑zu hohen‑‑ AfA-Bemessungsgrundlage für die vermieteten Immobilien.

aa) Zu den bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbaren Werbungskosten gehören gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 Satz 1 EStG auch die AfA für die zur Einkunftserzielung genutzten Gebäude.

Die AfA bemessen sich gemäß § 7 Abs. 4, Abs. 5 EStG grundsätzlich nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes. Wird allerdings ein im Betriebsvermögen gehaltenes ‑‑eigenbetrieblich genutztes oder vermietetes‑‑ Gebäude durch eine Entnahme oder Betriebsaufgabe in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen überführt und anschließend zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung genutzt, ist § 7 Abs. 4, Abs. 5 EStG nicht unmittelbar anwendbar. Denn die Überführung vom Betriebs- ins Privatvermö­gen stellt mangels Rechtsträgerwechsels keinen Erwerb dar und führt nicht zu Anschaffungskosten, die im Wege der AfA abzuziehen sind. Nach einer Ent­nahme oder Betriebsaufgabe ist jedoch der Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG) beziehungsweise der nach § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG zu berücksichtigende gemeine Wert den Anschaffungskosten nach § 7 EStG gleichzusetzen. Es han­delt sich um einen "anschaffungsähnlichen Vorgang" (ständige Rechtspre­chung, zuletzt Senatsurteil vom 22.02.2021 ‑ IX R 13/19, Rz 15, m.w.N.).

Dies setzt allerdings voraus, dass das Gebäude im Zuge der Ermittlung des Entnahme- oder Betriebsaufgabegewinns mit dem Teilwert oder gemeinen Wert steuerlich erfasst wurde beziehungsweise ‑‑sollte dies nicht der Fall sein‑‑ die Entnahme/Betriebsaufgabe verfahrensrechtlich noch steuerlich er­fasst werden kann. Andernfalls sind als künftige AfA-Bemessungsgrundlage weiterhin die ursprünglichen Anschaffungs‑/Herstellungskosten zugrunde zu legen. Maßgeblich für eine "steuerliche Erfassung" im vorgenannten Sinne ist, dass die gesetzlichen Regelungen in § 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG (Entnahme) beziehungsweise § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG (Betriebsaufgabe) beachtet worden sind. Der Anfall einer Steuerschuld ist unerheblich, sodass eine "steuerliche Erfassung" selbst bei einem Entnahme- oder Betriebsaufga­beverlust vorliegt (vgl. zum Ganzen Senatsurteil vom 22.02.2021 ‑ IX R 13/19, Rz 17 f., 22, m.w.N.).

Wurde bei der Ermittlung eines Gewinns (Verlusts) aus der Entnahme/Be­triebsaufgabe ein der Höhe nach unzutreffender Wert für das Wirtschaftsgut erfasst, ist jener Wert und nicht der tatsächliche Wert für die AfA maßgebend (vgl. R 7.3 Abs. 6 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien i.d.F. der Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012, BStBl I 2013, 276; Schmidt/Kulosa, EStG, 44. Aufl., § 7 Rz 119).

bb) Nach diesen Maßstäben lagen den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre vom 07.06.2016 zu hohe AfA zugrunde.

Der Wegfall der gewerblichen Prägung der Klägerin im Jahr 2007 führte zur Aufgabe ihres Gewerbebetriebs gemäß § 16 Abs. 3 EStG (vgl. Senatsurteil vom 22.02.2021 ‑ IX R 13/19, Rz 20). Die gerichtliche Aufhebung des Be­scheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungs­grundlagen für 2007 vom 07.06.2016 hatte zur Folge, dass der ursprüngliche Bescheid vom 12.03.2013 wieder auflebte. Hierin wurde ein Betriebsaufgabe­verlust festgestellt, mit dem die von der Klägerin seinerzeit erklärten gemei­nen Werte im oben genannten Sinne "steuerlich erfasst" wurden. Diese Werte, die nach Lage der Akten zwischen den Beteiligten außer Streit stehen, sind niedriger als diejenigen, die den Bescheiden über die gesonderte und einheit­liche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre vom 07.06.2016 zugrunde lagen. Hieraus folgt, dass bislang zu hohe AfA als Wer­bungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen wurden.

b) Dies vorangestellt, liegen die weiteren Voraussetzungen für eine Änderung der Bescheide nach der von der Vorinstanz nicht geprüften Norm des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vor.

aa) Ereignis im Sinne der Vorschrift ist jeder rechtlich relevante Vorgang. Ne­ben Tatsachen des Sachverhalts gehören hierzu auch rechtliche Vorgänge wie die Einwirkungen auf oder durch Rechtsgeschäfte, Rechtsverhältnisse, Ge­richtsentscheidungen und Verwaltungsakte (statt vieler Loose in Tipke/Kruse, § 175 AO Rz 25).

Ob ein solches Ereignis ‑‑wie § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO voraussetzt‑‑ steu­erlich in die Vergangenheit zurückwirkt, richtet sich allein nach den Normen des jeweils einschlägigen materiellen Steuerrechts. Aus Sinn und Zweck der Norm ergibt sich, dass das Ereignis den Sachverhalt verändern und dabei der­art in die Vergangenheit zurückwirken muss, dass ein Bedürfnis besteht, eine schon endgültige (bestandskräftig getroffene) Regelung an die Sachverhalts­änderung anzupassen (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 10.10.2024 ‑ IV R 1/22, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BStBl II 2025, 294, Rz 47 f., m.w.N.).

Gerichtsentscheidungen erfüllen diese Anforderungen nur, wenn sie den Tat­bestand, an den das Steuergesetz anknüpft, rückwirkend verändern (vgl. BFH-Urteile vom 02.08.1994 ‑ VIII R 65/93, BFHE 175, 500, BStBl II 1995, 264, unter 2.a bb; vom 28.06.2006 ‑ III R 13/06, BFHE 214, 287, BStBl II 2007, 714, unter II.2.c). Ein rückwirkendes Ereignis liegt dagegen nicht vor, wenn eine gerichtliche Entscheidung nur zu einer anderen rechtlichen Beurteilung des unverändert bleibenden Sachverhalts führt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 08.12.2010 ‑ III B 5/10, Rz 3, m.w.N.).

bb) Im Streitfall liegt ein den vorgenannten Anforderungen genügendes rück­wirkendes Ereignis vor.

aaa) Die rechtskräftig gewordene Entscheidung des FG vom 03.05.2022 ‑ 8 K 8258/20, den nach der Außenprüfung geänderten Bescheid über die ge­sonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2007 vom 07.06.2016 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 23.08.2021 wegen bereits eingetretener Feststellungsverjährung ersatzlos aufzuheben, veränderte rückwirkend den für die Besteuerung der Folgejahre (Streitjahre) maßgeblichen Lebenssachverhalt. Die Aufhebung jenes Bescheids bewirkt, dass der ursprüngliche Feststellungsbescheid für 2007 vom 12.03.2013 wieder vollständige steuerrechtliche Geltung entfaltet. Hieraus wiederum folgt, dass die für die AfA maßgeblichen gemeinen Werte im Rahmen des Betriebsaufga­betatbestands in geringerer Höhe als im gerichtlich aufgehobenen Bescheid steuerlich erfasst wurden.

bbb) Abweichend zur Rechtsansicht der Klägerin ergibt sich aus dem FG-Urteil vom 03.05.2022 ‑ 8 K 8258/20 nicht lediglich eine andere rechtliche Beurtei­lung eines gleichbleibenden Sachverhalts. Denn die Wirkung des Urteils be­schränkte sich nicht auf die Höhe des Gewinns/Verlusts aus der im Jahr 2007 vollzogenen Betriebsaufgabe. Es hatte darüber hinaus Folgewirkungen für den der Besteuerung für die Streitjahre zugrunde liegenden Sachverhalt. Denn die steuerlich tatsächlich erfassten gemeinen Werte für das Jahr 2007 sind zu­gleich verbindliche AfA-Bemessungsgrundlagen für die Streitjahre. Beide Werte sind miteinander verknüpft (vgl. auch BFH-Urteil vom 19.08.1999 ‑ IV R 73/98, BFHE 190, 5, BStBl II 2000, 18 zur bejahten Frage, ob die bilanzi­elle Korrektur eines Wertansatzes des Vorjahresendvermögens ein rückwir­kendes Ereignis für ein Folgejahr darstellt).

Soweit der XI. Senat des BFH in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung aus dem Jahr 1992 diese Verknüpfung insoweit in Abrede gestellt hat, als einem unzutreffend steuerlich erfassten Entnahme‑/Betriebsaufgabewert keine Bin­dungswirkung für die AfA der Folgejahre zukommt (BFH-Urteil vom 29.04.1992 ‑ XI R 5/90, BFHE 168, 161, BStBl II 1992, 969, unter 2.), teilt der erkennende Senat diese Ansicht im Einklang mit den Stimmen der Finanz­verwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 30.10.1992, BStBl I 1992, 651) und des Schrifttums (vgl. Schmidt/Kulosa, EStG, 44. Aufl., § 7 Rz 119; Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 EStG Rz 147 Brandis/Heuermann/Brandis, § 7 EStG Rz 267) nicht. Vielmehr besteht auch in diesem Fall eine Bindungswirkung an den steuerlich erfassten Wert. Die ge­genteilige Ansicht des XI. Senats steht zu den Grundsätzen der AfA im Wider­spruch, da ihre Bemessungsgrundlage höher ausfallen könnte als die zu vertei­lenden (fiktiven) Anschaffungskosten.

Einer Anfrage an den XI. Senat nach § 11 Abs. 3 FGO bedarf es im Hinblick auf die inzwischen alleinige Zuständigkeit des erkennenden Senats für die Einkünf­te aus Vermietung und Verpachtung nicht (vgl. Geschäftsverteilungsplan des BFH für das Jahr 2025, Teil A, IX. Senat, unter 1. Buchst. a).

ccc) Dass die vorliegend angefochtenen Änderungsbescheide bereits am 20.04.2022 und damit vor Eintritt des rückwirkenden Ereignisses erlassen worden sind, macht diese nicht rechtswidrig. Es genügt, dass bis zur Entschei­dung über den Einspruch am 05.06.2023 die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorgelegen haben. Denn Gegenstand der Anfechtungs­klage ist gemäß § 44 Abs. 2 FGO nach einem Vorverfahren der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außer­gerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

c) Die Änderungsbescheide vom 20.04.2022 in der Fassung der Einspruchs­entscheidung vom 05.06.2023 sind für sämtliche Streitjahre in nicht verjährter Zeit ergangen. Soweit die reguläre vierjährige Feststellungsfrist des § 181 Abs. 1 Satz 1, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO zum Zeitpunkt des Erlasses be­reits abgelaufen gewesen sein sollte, griffe in jedem Fall die für rückwirkende Ereignisse geltende besondere Anlaufhemmung der Frist gemäß § 175 Abs. 1 Satz 2 AO.

2. Da die angefochtenen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Fest­stellung der Besteuerungsgrundlagen bereits von der Änderungsnorm des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO gedeckt sind, bedarf es keiner Entscheidung des erkennenden Senats, ob ‑‑wie vom FG geprüft und bejaht‑‑ die Änderungen auch wegen widerstreitender Steuerfestsetzungen gemäß § 174 Abs. 4 AO ge­rechtfertigt wären.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Etwaige außerge­richtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig (§ 139 Abs. 4 FGO).

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