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BFH: Erbschaftsteuer bei Rentenzahlungen aus dem Vermögen einer liechtensteinischen Stiftung

Ein Stiftungsstatut, das nach dem Tod des Stifters einem Dritten Ansprüche auf Rentenzahlungen aus dem Stiftungsvermögen gewährt, kann in Bezug auf das Rentenstammrecht als Schenkung auf den Todesfall zu qualifizieren sein.

BGB § 81, § 516, § 518, § 1922, § 2147, § 2301
EGBGB Art. 25
ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 und 2, Nr. 2 und 4

BFH-Urteil vom 11.12.2024, II R 50/22 (veröffentlicht am 2.5.2025)

Vorinstanz: FG Köln vom 6.9.2022, 7 K 2720/20 = SIS 23 03 87

I. Die im Inland wohnende Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Tochter der am …2015 verstorbenen Erblasserin.

Die Erblasserin hatte im … 1990 eine Stiftung nach liechtensteinischem Recht gegründet. Nach deren Statuten war Zweck der Stiftung die Bestreitung der Kosten der Erziehung und Bildung, der Ausstattung und Unterstützung, des Lebensunterhalts im allgemeinen sowie die wirtschaftliche Förderung im weitesten Sinne von Angehörigen bestimmter Familien sowie die Verfolgung ähnlicher Zwecke. Die Stiftung wurde unter Einschaltung einer Treuhand- und Verwaltungsanstalt auf Dauer errichtet und ihre Rechtsverhältnisse unterlagen ausschließlich liechtensteinischem Recht. Die Stifterin und in Folge der Stif­tungsrat, der einziges und oberstes Organ der Stiftung war, hatten die Befug­nis, nach freiem Ermessen die Begünstigten und die Voraussetzung für die Be­günstigung sowie deren Inhalt zu bestimmen und diese wiederum zu entzie­hen. Die Treuhand- und Verwaltungsanstalt beziehungsweise die von ihr ein­gesetzten Mitglieder des Stiftungsrats verpflichteten sich aufgrund eines Man­datsvertrags, das Mandat als Mitglied des Stiftungsrats ausschließlich auf Wei­sungen der Erblasserin auszuüben. Mit dem Tod der Erblasserin erlosch der Mandatsvertrag; die Einsetzung der Mitglieder des Stiftungsrats blieb davon unberührt. Nach den Beistatuten war die Erblasserin zu ihren Lebzeiten die Al­leinbegünstigte der Stiftung. Nach ihrem Tod sollte die Klägerin eine lebens­lange jährliche Rente in Höhe von … CHF erhalten. Nach dem Ableben der Erblasserin und der Klägerin sollten Einkommen und Kapital der Stiftung für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.

Im … 2008 wurden die Bestimmungen in den Beistatuten hinsichtlich der Begünstigung und der Anlage des Stiftungsvermögens dahingehend gefasst, dass zeit ihres Lebens Erstbegünstigte hinsichtlich Substanz und Ertrag des Stiftungsvermögens die Erblasserin war und die Begünstigung, mit Ausnahme der in den Stiftungsstatuten, ‑dokumenten und Beistatuten normierten Be­schränkungen, keinerlei weiteren Einschränkungen unterlag. Mit dem Tod der Erblasserin konnten die Beistatuten nicht mehr geändert werden. Zu die­sem Zeitpunkt sollte die Klägerin Nachfolgebegünstigte werden. Aus dem Stif­tungsvermögen sollte sie eine jährliche Rente in Höhe von … CHF erhal­ten. Der Stiftungsrat konnte nach freiem und uneingeschränktem Ermessen diese Rente auf jährlich … CHF erhöhen, falls ihm Not oder sonstiger Bedarf nachgewiesen wurde.

Am …2009 wurde durch Beschluss des Stiftungsrats die Regelung über die Nachfolgebegünstigung dahingehend ergänzt, dass die Rente an die Kläge­rin zweimal jährlich ‑‑zum 30.06. und 31.12.‑‑ auszuzahlen war. Im Jahr 2010 wurde durch Beschluss des Stiftungsrats diese Regelung dahingehend ergänzt, dass die jährliche Rentenzahlung an die Klägerin noch zu Lebzeiten der Erblas­serin am …2010 begann. Die zu Lebzeiten der Erblasserin erbrachten Zahlungen der Stiftung an die Klägerin wurden bei dieser der Schenkungsteuer unterworfen.

Nach dem Tod der Erblasserin am …2015 setzte der Beklagte und Revisi­onskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Erbschaftsteuer mit Bescheid vom 22.08.2016 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß auf … € fest. Die Schenkungen an die Klägerin aus dem Stiftungsvermögen zu Lebzeiten der Erblasserin wurden als Vorerwerbe berücksichtigt. Mit Änderungsbescheid vom 29.01.2018 setzte das FA die Erbschaftsteuer auf … € fest. Es sah nunmehr die Ansprüche der Klägerin als Nachbegünstigte gegen die Stiftung auf Auszahlung der jährli­chen Rente als steuerpflichtigen Erwerb aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergeset­zes (ErbStG) an. Für die Berechnung der Bereicherung zog das FA den auf die Lebenszeit der am Todestag der Erblasserin …‑jährigen Klägerin kapitalisier­ten Wert der Rentenzahlungen heran und ermittelte diesen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 des Bewertungsgesetzes (BewG) i.V.m. der Anlage zu § 14 Abs. 1 BewG (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.10.2012, BStBl I 2012, 950 und vom 21.11.2014, BStBl I 2014, 1576) da­durch, dass es den Jahreswert der Auszahlungen in Höhe von … CHF, umgerechnet im Streitjahr 2015 in Höhe von … €, mit dem Vervielfäl­tiger von 9,166 multiplizierte. Die Bereicherung der Klägerin sah das FA nicht in der Übertragung des gesamten Stiftungsvermögens, sondern in der durch die Erblasserin im Stiftungsstatut veranlassten Rentenberechtigung der Klägerin gegenüber der Stiftung.

Den Einspruch der Klägerin wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 05.11.2020 als unbegründet zurück. Nach seiner Auffassung lag sowohl ein Er­werb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG i.V.m. der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) als auch ein Erwerb aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vor.

Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte Erfolg. Das FG führte zur Begrün­dung im Wesentlichen aus, der Erbfall unterliege dem deutschen Erbstatut. Ob Rechte, die ihren Grund im Stiftungsrecht haben, dem Grunde nach vererblich seien, richte sich hingegen nach dem Personalstatut der Stiftung, im Streitfall nach liechtensteinischem Recht. Nach diesen Grundsätzen liege im Streitfall kein Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG i.V.m. § 1922 BGB vor. Das Stiftungsvermögen sei bei Tod der Erblasserin in­transparent geworden und die Herrschaftsbefugnisse seien erloschen, da der Mandatsvertrag mit dem Stiftungsrat zu diesem Zeitpunkt geendet habe. Ein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sei ebenso wenig gegeben. Bei der Stif­tungssatzung und den Beistatuten handle es sich nicht um einen Vertrag zu­gunsten Dritter. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2023, 635 veröffentlicht.

Mit seiner Revision macht das FA eine Verletzung von § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 4 ErbStG geltend. Bei den durch die Erblasserin angeordneten Rentenzahlungen an die Klägerin handle es sich um einen Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die Herrschaftsbefugnis über das Vermögen der Stiftung ‑‑beschränkt auf die Rentenforderung‑‑ sei im Wege der Gesamtrechtsnach­folge auf die Klägerin übergegangen. In Höhe der zugesagten jährlichen Zah­lungen an die Klägerin sei ein Herausgabeanspruch gegen die Stiftung in den Nachlass gefallen. Der Herausgabeanspruch ermögliche der Klägerin die ge­richtliche Durchsetzung gegenüber der Stiftung. Der Rentenanspruch der Klä­gerin habe auf den Herrschaftsbefugnissen der Erblasserin beruht und sei mit ihrem Tod in den Herrschaftsbereich der Klägerin übergegangen. Ausschließ­lich dieser Rentenanspruch sei Gegenstand der Besteuerung. Der Rentenan­spruch sei ausweislich der Vereinbarungen in den Beistatuten erst mit dem Tod der Erblasserin entstanden, sodass diesbezüglich ein Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorliege. Das übrige Vermögen sei auf die Stiftung übergegangen und ‑‑unstreitig‑‑ nicht Gegenstand der Besteuerung. Zudem sei die anteilige Auskehrung des Vermögens einer liechtensteinischen Stiftung an den Nachbegünstigten in Übereinstimmung mit dem Urteil des FG Bremen vom 16.06.2010 ‑ 1 K 18/10 (5) (EFG 2010, 1801) als Erwerb im Sin­ne des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG anzusehen. Das Tatbestandsmerkmal "Vertrag zugunsten Dritter" sei weit auszulegen. Es könne auch einseitige Rechtsge­schäfte wie das Stiftungsgeschäft umfassen, wenn sie ähnliche rechtliche Wir­kungen wie ein Vertrag zugunsten Dritter hätten.

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Ein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG liege nicht vor. Das Rentenstamm­recht sei zu keinem Zeitpunkt im Vermögen der Erblasserin gewesen und inso­weit nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin übergegan­gen. Im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin sei die Stiftung unstreitig intrans­parent geworden. Das Stiftungsvermögen einschließlich des Rentenstamm­rechts sei nicht mehr der Erblasserin, sondern der Stiftung selbst zuzurechnen gewesen und habe deshalb nicht zum Nachlass der Erblasserin gehört. Auch ein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG sei nicht gegeben. In den Willenser­klärungen der Erblasserin sei kein Vertrag zugunsten Dritter zu sehen, sodass § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht direkt, sondern höchstens analog anwendbar sei. Eine solche Analogie sei im Erbschaftsteuerrecht aber nicht zulässig. Eine wirt­schaftliche Betrachtungsweise scheide aus.

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwie­sen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob ein Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG i.V.m. § 2301 BGB vorliegt. Dass das FA dies in der Revisionsbegründung nicht gerügt hat, ist ohne Bedeu­tung. Stützt der Revisionskläger sein Rechtsmittel ‑‑wie im Streitfall‑‑ in zuläs­siger Weise auf die Verletzung materiellen Rechts, prüft der Bundesfinanzhof (BFH) nach dem Grundsatz der Vollrevision das angefochtene Urteil in vollem Umfang auf die Verletzung revisiblen Rechts, ohne dabei an die vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (§ 118 Abs. 3 Satz 2 FGO, vgl. BFH-Urteil vom 14.12.2023 ‑ V R 28/21, BFHE 282, 526, BStBl II 2024, 425, m.w.N.).

1. Der Erbschaftsteuer unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 ErbStG der Erwerb von Todes wegen. Dazu gehört auch der Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG i.V.m. § 2301 BGB).

a) Eine Schenkung auf den Todesfall im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG ist ein Schenkungsversprechen unter der Bedingung, dass der Be­schenkte den Schenker überlebt (sogenannte Überlebensbedingung). Der Zweck der Regelung besteht darin, eine Umgehung erbrechtlicher Regelungen durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die erst mit dem Tod erfüllt werden, zu verhindern. Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet zwischen der Schen­kung auf den Todesfall, bei der das bedingte Schenkungsversprechen mit dem Tod des Erblassers durch den Erben erfüllt wird (§ 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB), und dem Fall, dass der Verstorbene selbst die Leistung erbracht, also die Schenkung bewirkt hat (§ 2301 Abs. 2 BGB). Im ersten Fall erlangt der mit der Schenkung Bedachte mit dem Tod des Schenkers einen entsprechenden Anspruch gegen den Erben, das Schenkungsversprechen zu erfüllen. Auf die­sen Fall finden die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwen­dung (§ 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB). Hat der Schenker jedoch bereits zu Lebzei­ten die Leistung bewirkt und wird die Schenkung allein mit Eintritt der Bedin­gung (Tod des Schenkenden) wirksam, finden nach § 2301 Abs. 2 BGB die Vorschriften über die Schenkung unter Lebenden Anwendung (Daragan in Daragan/Halaczinsky/Riedel, ErbStG, BewG, 4. Aufl., § 3 ErbStG Rz 76; Kepper in Kapp/Ebeling, § 3 ErbStG Rz 236; Esskandari in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, Stand 11.2024, § 3 ErbStG Rz 104; Hülsmann in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 3 ErbStG Rz 164, Stand 09.2023; Loose in von Oertzen/Loose/Stalleiken, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteu­ergesetz, 3. Aufl., § 3 Rz 80; Wälzholz in Viskorf/Schuck/Wälzholz, Erbschaft­steuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 7. Aufl., § 3 ErbStG Rz 120).

b) Für eine wirksame Schenkung bedarf es einer Einigung des Begünstigten mit dem Schenker über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung gemäß § 516 BGB, wobei es ausreicht, wenn diese erst nach dem Tod des Schenkers zu­stande kommt (§§ 130, 153 BGB). Selbst wenn es sich auf Seiten des Schen­kers lediglich um ein Schenkungsversprechen handelt, und sei es auch nur ein durch das Überleben des Beschenkten bedingtes Versprechen, ist dieses nicht schon deshalb unwirksam, weil es weder den Formvorschriften für Verfügun­gen von Todes wegen (§ 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB) noch denjenigen für Schen­kungsversprechen (§ 518 Abs. 1 Satz 1 BGB) genügt. Denn die Rechtspre­chung des Bundesgerichtshofs (BGH) nimmt in diesen Fällen im Hinblick auf den sogenannten "Von-Selbst-Erwerb" des Begünstigten sowohl Vollziehung im Sinne von § 2301 Abs. 2 BGB als auch Heilung des Formmangels gemäß § 518 Abs. 2 BGB an (BGH-Urteil vom 29.01.1964 ‑ V ZR 209/61, BGHZ 41, 95).

c) Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob ein solches Schenkungs­versprechen der Erblasserin hinsichtlich des an die Klägerin von der Stiftung jährlich auszuzahlenden Betrages von … CHF schon zu Lebzeiten der Erblasserin erfolgte oder durch die Stiftung übermittelt wurde (s. hierzu Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29.06.2009 ‑ 5 U 40/09, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2010, 265, unter II.2.c). Seine Entschei­dung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie muss zur an­derweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zurückverwiesen werden.

2. Im Rahmen der erneuten Entscheidung wird das FG weiter zu prüfen haben, welches Erbstatut im vorliegenden Fall Anwendung findet.

a) Die Voraussetzungen für die persönliche Steuerpflicht der Klägerin sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt, da diese gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG im Inland ihren Wohnsitz hatte und somit zur Zeit der Ent­stehung der Steuer (§ 9 ErbStG) Inländerin war.

b) Das FG wird im zweiten Rechtsgang jedoch Feststellungen zu treffen haben, die seine Entscheidung tragen, dass im Streitfall in Bezug auf das Erbrecht das deutsche Erbstatut gilt. Es wird dabei auch zu prüfen haben, ob ein ausländi­sches Erbstatut Anwendung findet. Da nach Aktenlage die Erblasserin im To­deszeitpunkt am …2015 weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte noch die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, liegen Anhaltspunkte da­für vor, dass nach Art. 25 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch i.d.F. des Gesetzes zum Internationalen Erbrecht und zur Ände­rung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschrif­ten vom 29.06.2015 (BGBl I 2015, 1042) i.V.m. der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.07.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Voll­streckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentli­cher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nach­lasszeugnisses (Amtsblatt der Europäischen Union 2012, Nr. L 201, 107), deutsches Erbrecht nicht auf den Erbfall anwendbar ist.

3. Für den zweiten Rechtsgang weist der BFH auf Folgendes hin:

a) Sollten die Feststellungen ergeben, dass deutsches Erbrecht Anwendung findet, liegt hinsichtlich der jährlichen Zahlungen der Stiftung an die Klägerin nach dem Tod der Erblasserin weder ein Erwerb durch Erbanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG i.V.m. § 1922 BGB) noch durch ein Vermächtnis (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 ErbStG i.V.m. §§ 2147 ff. BGB) vor. Ebenso wenig ist ein Vermögensvorteil gegeben, der aufgrund eines von der Erblas­serin geschlossenen Vertrags bei deren Tod von der Klägerin unmittelbar er­worben wurde (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).

aa) Ein Erwerb durch Erbanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG i.V.m. § 1922 BGB) ist ‑‑wie das FG zutreffend ausgeführt hat‑‑ nicht gegeben. Das Stiftungsvermögen, aus dem die Rentenzahlungen zu erbringen waren, wurde mit dem Tod der Erblasserin nach den Kriterien der BFH-Urteile vom 28.06.2007 ‑ II R 21/05 (BFHE 217, 254, BStBl II 2007, 669) und vom 05.12.2018 ‑ II R 9/15 (BFHE 263, 283, BStBl II 2020, 655) intransparent und fiel nicht in den Nachlass, da die Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen der ausländischen Stiftung nicht vererblich waren und mit dem Tod der Stifterin erloschen sind. Rechtsnachfolger hinsichtlich des Stiftungsvermögens war danach allein die Stiftung.

Die Erblasserin war vor ihrem Tod auch nicht Inhaberin eines Rentenstamm­rechts. Die aus dem Stiftungsvermögen zu erbringenden Rentenzahlungen gin­gen deshalb nicht als vererbtes Rentenstammrecht im Wege der Gesamt­rechtsnachfolge von der Erblasserin auf die Klägerin über. Die Klägerin erhielt die Rentenzahlungen nach dem Tod der Erblasserin somit nicht aus dem Nach­lass, sondern originär aus einem eigenen Anspruch gegen die Stiftung.

bb) Es liegt auch kein Erwerb durch Vermächtnis im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 ErbStG i.V.m. §§ 2147 ff. BGB vor. Mit einem Vermächtnis kön­nen gemäß § 2147 Satz 1 BGB nur Erben oder andere Vermächtnisnehmer be­schwert sein (BeckOK BGB/Müller-Christmann, Ed. 01.02.2025, § 2147 Rz 1 ff.; Grüneberg/Weidlich, Bürgerliches Gesetzbuch, 84. Aufl., § 2147 Rz 1 ff.). Die Stiftung gehört im Streitfall nicht zu diesem Personenkreis.

cc) Die nach dem Tod der Erblasserin an die Klägerin aus dem Stiftungsvermö­gen zu entrichtenden Rentenzahlungen unterliegen auch nicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG der Erbschaftsteuer. Danach gilt als Erwerb jeder Vermögensvor­teil, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tod von einem Dritten unmittelbar erworben wird.

Im Streitfall fehlt es bereits an einem Vertrag. Weder das Stiftungsstatut noch das Beistatut stellen einen Vertrag dar. Der Begriff des "Vertrags" im Sinne dieser Vorschrift ist eng auszulegen. Er setzt ein zweiseitiges Rechtsgeschäft und dementsprechend zwei übereinstimmende empfangsbedürftige Willenser­klärungen voraus, wie sie das deutsche Zivilrecht in §§ 145 ff. BGB für einen Vertragsschluss mit Angebot und Annahme vorsieht (Esskandari in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, Stand 11.2024, § 3 ErbStG Rz 128). Durch den Abschluss eines solchen Vertrags zwischen dem Erblasser und dem Vertragspartner erlangt der begünstigte Dritte einen unmittelbaren Rechtsanspruch gegen den Vertragspartner. Einseitige Rechtsgeschäfte ‑‑wie vorliegend nach deutschem Zivilrecht gemäß § 81 BGB das Stiftungsgeschäft als einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung (vgl. Erman/Wiese, BGB, 17. Aufl., § 81 Rz 3)‑‑ sind deshalb kein Vertrag im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (FG Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2014 ‑ 4 K 3718/12 Erb, EFG 2014, 855; FG Köln, Urteile vom 27.02.2019 ‑ 7 K 3002/16, EFG 2020, 52 und vom 27.02.2019 ‑ 7 K 3003/16, EFG 2020, 52; Kepper in Kapp/Ebeling, § 3 ErbStG Rz 260; einen Vertrag voraussetzend wohl auch Loose in von Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl., § 3 Rz 90; a.A. Urteil des Reichsfinanzhofs vom 18.03.1932 ‑ V e A 1240/30, RStBl 1932, 534; FG Bremen, Urteil vom 16.06.2010 ‑ 1 K 18/10 (5), EFG 2010, 1801). Eine erweiternde Auslegung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG dahin­gehend, dass von dem Wort "Vertrag" auch einseitige Rechtsgeschäfte mit vertragsähnlichen Wirkungen umfasst sein sollen, ist nicht geboten. Der Wort­laut von § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist klar. Eine Regelungslücke liegt nicht vor.

b) Sollten die Feststellungen des FG ergeben, dass ausländisches Erbrecht zur Anwendung kommt, kann ‑‑je nach Ausgestaltung des ausländischen Rechts‑‑ zu prüfen sein, ob ein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 ErbStG vor­liegt, weil nach der maßgeblichen ausländischen Rechtsordnung ein einem An­spruch aus einem deutschen Vermächtnis vergleichbarer Anspruch vorliegt, und ob die Stiftung mit einem solchen Vermächtnis beschwert sein kann (s. zur rechtsvergleichenden Beurteilung durch das FG BFH-Urteil vom 17.11.2021 ‑ II R 39/19, BFHE 275, 261, BStBl II 2022, 478, Rz 16 ff.).

c) Sollte das FG zu dem Ergebnis gelangen, dass die Voraussetzungen für eine Besteuerung des Rentenstammrechts nach den Erwerbstatbeständen des § 3 ErbStG nicht vorliegen, könnte der Besteuerungstatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Alternative 2 ErbStG hinsichtlich der aus dem Stiftungsvermögen ausgeschütteten Rentenzahlungen gegeben sein (s. hierzu BFH-Urteil vom 25.06.2021 ‑ II R 31/19, BFHE 275, 240, BStBl II 2022, 497). Jedoch ist die Besteuerung des Erwerbs der Klägerin als Zwischenberechtigte während des Bestehens der liechtensteinischen Stiftung als Vermögensmasse nicht Streit­gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Streitig ist hier allein die vom ange­fochtenen Erbschaftsteuerbescheid umfasste Besteuerung des Rentenstamm­rechts.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

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