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BFH: Zur Zusammenfassung kommunaler Bäder- und Versorgungsbetriebe im Rahmen der Spartenrechnung

Beruht die Zusammenfassung der Tätigkeit einer kommunalen Bädergesellschaft mit den Tätigkeiten kommunaler Versorgungsbetriebe im Rahmen der Spartenrechnung (§ 8 Abs. 9 KStG) darauf, dass mit einem der Bäder eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung besteht (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG), kann die erforderliche Verflechtung "von einigem Gewicht" auch dadurch entfallen, dass dieses Bad aus Sicht des Bäderbetriebs an Bedeutung verliert, weil es für den Publikumsverkehr geschlossen und nur noch als Reservebad im Stand-by-Betrieb vorgehalten wird. Maßgebend ist die tatrichterliche Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls.

KStG § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, § 8 Abs. 3 Satz 2, Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 9, § 15 Satz 1 Nr. 4 und 5, § 34 Abs. 6 Satz 4, 5 und 9 sowie Abs. 10 Satz 4 und 5
GewStG § 7 Satz 5
AEUV Art. 107 Abs. 1, Art. 108 Abs. 3

BFH-Urteil vom 16.12.2020 - I R 41/17 (veröffentlicht am 27.5.2021)

Vorinstanz: FG Münster vom 11.05.2017 - 10 K 2308/14 K,G,F =  SIS 17 14 79

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein steuerlicher Querverbund gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr (2011) geltenden Fassung (KStG) auch für den Zeitraum vom 23.07.2011 bis zum 31.12.2011 anzuerkennen ist.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine kommunale Eigengesellschaft in der Rechtsform der GmbH. Alleinige Gesellschafterin ist die Stadt X (Stadt). Unternehmensgegenstand ist die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme. Hinzu kommt der Betrieb von Häfen, der über zwei rechtlich selbständige Kapitalgesellschaften geführt wird. Außerdem hält die Klägerin 99 % der Anteile der Bädergesellschaft X mbH (X GmbH), die mehrere öffentliche Hallen- und Freibäder betreibt. Die übrigen Anteile der X GmbH hält die Stadt.

Zwischen der Klägerin und der X GmbH bestand seit 1996 ein steuerlicher Querverbund i.S. des Abschn. 5 Abs. 9 und Abs. 11a der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1995 (KStR). Grundlage war zunächst eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung durch den Betrieb eines Blockheizkraftwerks im Hallenbad Y sowie eine entsprechende verbindliche Auskunft des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) vom 05.07.1995. Im Jahr 2004 wurde das Blockheizkraftwerk durch zwei Gas-Heizkessel ersetzt. Diese Heizkessel deckten sowohl den Wärmebedarf des Hallenbads als auch --über ein gesondertes Nahwärmesystem-- den Wärmebedarf von drei in der Nähe gelegenen Stadtvillen. Dass trotz dieser Änderung weiterhin eine enge technische und wirtschaftliche Verflechtung i.S. des Abschn. 5 Abs. 9 KStR und damit ein steuerlicher Querverbund bestand, war Gegenstand der verbindlichen Auskunft vom 29.06.2004. Zwischen der Klägerin als Organträgerin und der X GmbH als Organgesellschaft besteht seit 1996 eine körperschaft-, gewerbe- und umsatzsteuerrechtliche Organschaft.

Am 23.07.2011 wurde das Hallenbad Y für den Publikumsverkehr geschlossen. Auch die weiteren Hallenbäder der X GmbH schlossen im Jahr 2011. Am 10.09.2011 eröffnete dafür das neu errichtete Z Bad. Das Hallenbad Y wurde noch bis zum 17.08.2012 als Reservebad in Betriebsbereitschaft gehalten. In der Zeit vom 09.07.2012 bis zum 17.08.2012 wurde es während einer vorübergehenden Schließung des neuen Hallenbades wieder für den Publikumsverkehr geöffnet.

Um den steuerlichen Querverbund beizubehalten, errichtete die X GmbH in dem neuen Hallenbad ein Biogas-Blockheizkraftwerk. Mit der verbindlichen Auskunft vom 14.05.2012 bestätigte das FA, dass die Voraussetzungen des steuerlichen Querverbunds ab 01.06.2012, dem Zeitpunkt der vollständigen Anbindung des Kraftwerks, (wieder) vorliegen.

Dagegen erkannte das FA für den Zeitraum vom 23.07.2011 bis zum 30.05.2012 keinen steuerlichen Querverbund an und wies für das Jahr 2011 anteilige Verluste der X GmbH in Höhe von ... € (Körperschaftsteuer) und ... € (Gewerbesteuer) nicht der Sparte "Energie- und Wasserversorgung", sondern einer gesonderten Sparte 3 zu.

Die Einsprüche gegen die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2011, über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2011, über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011 und über den Gewerbesteuermessbetrag für 2011 wies das FA als unbegründet zurück. Während des Klageverfahrens ergingen aus nicht streitigen Gründen zuletzt die Änderungsbescheide vom 28.04.2017.

Das Finanzgericht (FG) Münster wies die Klage mit Urteil vom 11.05.2017 - 10 K 2308/14 K,G,F (Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 1200) hinsichtlich des Bescheids über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG als unzulässig und im Übrigen als unbegründet ab.

Die Klägerin macht mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend und beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit die Klage als unbegründet abgewiesen worden ist, und die Bescheide vom 28.04.2017 über die Körperschaftsteuer 2011, über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011 und über den Gewerbesteuermessbetrag 2011 dahin zu ändern, dass auch der auf den Zeitraum vom 23.07.2011 bis zum 31.12.2011 entfallende Verlust in Höhe von ... € im Jahr 2011 zum Abzug zugelassen wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 und 4 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Hinsichtlich des Bescheids über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011 war die Klage bereits unzulässig. Die Klägerin ist insoweit nicht beschwert (§ 40 Abs. 2 FGO), da die für das Streitjahr begehrte Verlustverrechnung zur Folge hätte, dass nur noch ein geringerer Verlustvortrag festzustellen wäre (vgl. Senatsurteil vom 21.10.2014 - I R 1/13, BFH/NV 2015, 690; Senatsbeschluss vom 12.10.2016 - I R 80/14, BFHE 256, 223, BStBl II 2017, 615, jeweils m.w.N.).

2. Hinsichtlich der Bescheide über die Körperschaftsteuer 2011 und den Gewerbesteuermessbetrag 2011 hat das FG die von der Klägerin begehrte Verlustverrechnung zu Recht abgelehnt. Die vom 23.07.2011 bis zum 31.12.2011 erzielten Verluste der X GmbH aus dem Bäderbetrieb können nicht mit den Ergebnissen der Klägerin aus den Versorgungsbetrieben verrechnet werden, sondern sind einer gesonderten Sparte zuzuordnen.

a) Grundlage der sog. Spartenrechnung, mit der die Ergebnisverrechnung bei kommunalen Eigengesellschaften mit strukturell dauerdefizitären Tätigkeiten an die für Betriebe gewerblicher Art (BgA) geltenden Grundsätze ausgerichtet werden soll (BTDrucks 16/10189, S. 70; BTDrucks 16/11108, S. 27; Senatsbeschluss vom 23.09.2019 - I R 25/17, BFH/NV 2020, 522), ist § 8 Abs. 9 KStG, der gemäß § 7 Satz 5 des Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (GewStG) auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden und im Fall einer Organgesellschaft gemäß § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG (erst) bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers zu berücksichtigen ist.

Nach § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG sind bei Kapitalgesellschaften, bei denen § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG zur Anwendung kommt, die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach folgender Maßgabe Sparten zuzuordnen:

Nr. 1: Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen;
Nr. 2: Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden;
Nr. 3: alle übrigen Tätigkeiten sind einer einheitlichen Sparte zuzuordnen.

Der von § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG in Bezug genommene § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG sieht vor, dass bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen, die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht bereits deshalb zu ziehen sind, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben. Ein Dauerverlustgeschäft liegt nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört. Sowohl § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als auch § 8 Abs. 7 KStG sind bei Dauerverlustgeschäften einer Organgesellschaft ebenso wie § 8 Abs. 9 KStG auf Ebene des Organträgers anzuwenden (§ 15 Satz 1 Nr. 4 KStG).

Der ebenfalls von § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG in Bezug genommene § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG kodifiziert dagegen die sog. Zusammenfassungsgrundsätze. Danach kann ein BgA mit einem oder mehreren anderen BgA zusammengefasst werden, wenn
  Nr. 1: sie gleichartig sind,
  Nr. 2: zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht oder
  Nr. 3: Betriebe gewerblicher Art im Sinne des Absatzes 3 vorliegen.

Für jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln (§ 8 Abs. 9 Satz 2 KStG). Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte verrechnet werden (§ 8 Abs. 9 Satz 4 KStG).

b) Zwar hat das FG hinsichtlich der von der X GmbH aus dem Bäderbetrieb erzielten Verluste nur die Voraussetzungen einer Zusammenfassung mit den Versorgungsbetrieben nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG geprüft und verneint. Auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG, die für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), sind aber auch die übrigen Voraussetzungen für die Bildung einer gesonderten Sparte nach § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG i.V.m. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG und § 15 Satz 1 Nr. 4 und 5 KStG (für die Gewerbesteuer zusätzlich i.V.m. § 7 Satz 5 GewStG) erfüllt.

aa) Bei dem Bäderbetrieb der X GmbH handelt es sich --wie bei kommunalen Bäderbetrieben üblich-- um ein sog. Dauerverlustgeschäft, das die tatbestandlichen Voraussetzungen einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllt. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wäre nicht bereit gewesen, Leistungen zu erbringen, die an sich dem Alleingesellschafter obliegen (hier: Unterhaltung eines Bäderbetriebs im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge), und dafür auf Dauer Verluste hinzunehmen, die bei dem Gesellschafter zu einem Vorteil in Gestalt der Ersparnis von Aufwendungen führen (Senatsurteile vom 22.08.2007 - I R 32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961, und vom 09.11.2016 - I R 56/15, BFHE 256, 75, BStBl II 2017, 498; vgl. auch Vorlagebeschluss des Senats vom 13.03.2019 - I R 18/19, BFHE 265, 23; Revisionsverfahren nach Rücknahme durch Beschluss vom 29.01.2020 - I R 4/20, nicht veröffentlicht, eingestellt; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11.12.2018 - VIII R 44/15, BFHE 263, 407). Dass es auch im Streitfall um dauerhafte Verluste des Bäderbetriebs geht, folgt u.a. aus den vom FG in Bezug genommenen Anträgen auf verbindliche Auskunft, die im Hinblick auf die "zu erwartenden Verluste" aus dem Bäderbetrieb gestellt wurden.

Allerdings sind gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG die Rechtsfolgen der vGA nicht zu ziehen, da es sich um ein gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG begünstigtes Dauerverlustgeschäft aus gesundheitspolitischen Gründen handelt und die Klägerin auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG die Voraussetzungen einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG erfüllt. Alleinige Anteilseignerin ist die Stadt, welche letztlich die Verluste aus dem Bäderbetrieb getragen hat. Hierfür reicht es aus, dass sich die aufgrund der Gewinne der Versorgungsbetriebe möglichen Dividendeneinnahmen der Stadt gemindert haben (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 263, 407).

Sowohl § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als auch § 8 Abs. 7 KStG sind gemäß § 15 Satz 1 Nr. 4 KStG zutreffend (erst) bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin (Organträgerin) angewandt worden. Die Bestimmungen haben grundsätzlich zur Folge, dass die Verluste der X GmbH aus dem Bäderbetrieb das Einkommen der Klägerin mindern.

bb) Im Streitfall waren diese Verluste bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin (Organträgerin) aber einer gesonderten Sparte zuzuordnen (§ 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG i.V.m. § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG), die nicht mit den Ergebnissen ihrer übrigen Tätigkeiten verrechnet werden konnten. Durch die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG war die Grundvoraussetzung der Spartenrechnung erfüllt. Darüber hinaus hat das FG rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Tätigkeiten Bäderbetrieb und Versorgungsbetriebe nicht gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbar waren.

Da durch § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG, der mit dem Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74) eingeführt worden ist, eine Kodifizierung der bis dahin für BgA geltenden Zusammenfassungsgrundsätze erreicht werden sollte, bleibt die hierzu ergangene Rechtsprechung auch weiterhin von Bedeutung. Sofern § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG hierfür nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht verlangt (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 16.01.1967 - GrS 4/66, BFHE 88, 3, BStBl III 1967, 240; BFH-Urteil vom 19.05.1967 - III 50/61, BFHE 89, 25, BStBl III 1967, 510; Abschn. 5 Abs. 9 Satz 2 KStR), ist zwar kein notwendiger Funktionszusammenhang in der Weise erforderlich, dass die Betriebe in ihrer Betätigung gegenseitig aufeinander angewiesen sind. Voraussetzung ist aber eine sachliche Beziehung der jeweiligen Betätigungen im Sinne eines inneren wirtschaftlichen Zusammenhangs, der nach den Anschauungen des Verkehrs die Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit rechtfertigt (Senatsurteil vom 04.09.2002 - I R 42/01, BFH/NV 2003, 511, m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG die erforderliche technisch-wirtschaftliche Verflechtung "von einigem Gewicht" im Wege einer tatrichterlichen Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls ab dem Zeitpunkt der Schließung des alten Hallenbads für den Publikumsverkehr und des Übergangs in den Stand-by-Betrieb als Reservebad verneint hat. Ob aus Sicht der Versorgungsbetriebe die Verflechtung weiterhin bestand, weil die Wärmeversorgung von drei Stadtvillen nur durch die von der Klägerin im alten Hallenbad betriebenen Gas-Heizkessel sichergestellt werden konnte, kann hierfür dahingestellt bleiben. Da es sich um eine wechselseitige Verflechtung handeln muss (vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 11.05.2016, BStBl I 2016, 479), reicht es aus, dass das FG die Verflechtung "von einigem Gewicht" jedenfalls aus Sicht des Bäderbetriebs für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) abgelehnt hat. Insofern hat das FG zutreffend berücksichtigt, dass sich die Bedeutung des im Stand-by-Betrieb vorgehaltenen Reservebads im Streitfall auf den Ausnahmefall einer Betriebsstörung beschränkte.

c) Darüber hinaus hat das FG im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die verbindliche Auskunft des FA vom 29.06.2004 nicht der Bildung einer gesonderten Sparte für die Verluste des Bäderbetriebs entgegenstand. Aufgrund einer wesentlichen Änderung des dieser Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts ist deren Bindungswirkung ab 23.07.2011 entfallen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob das FG hierfür auf § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (Steuer-Auskunftsverordnung --StAuskV--) vom 30.11.2007 (BGBl I 2007, 2783, BStBl I 2007, 820) zurückgreifen durfte, der gemäß § 3 StAuskV erst ab Bekanntmachung am 07.12.2007 anwendbar war. Dass die Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft davon abhängt, dass der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt mit dem bei der Beantragung der verbindlichen Auskunft vorgetragenen Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten übereinstimmt, ergab sich auch zuvor aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. BMF-Schreiben vom 29.12.2003, BStBl I 2003, 742). Zudem hat das FA hierauf sowohl in der ursprünglichen verbindlichen Auskunft vom 05.07.1995 als auch in der ergänzenden verbindlichen Auskunft vom 29.06.2004 ausdrücklich hingewiesen.

Im Streitfall liegt in der Schließung des Hallenbads für den Publikumsverkehr und dem Übergang zu einem Stand-by-Betrieb als Reservebad eine wesentliche Sachverhaltsänderung, welche die Bindungswirkung entfallen lässt. Diese beiden Formen der betrieblichen Nutzung sind für den Bäderbetrieb von unterschiedlicher Bedeutung und können deshalb im Rahmen der Würdigung nach dem "Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse" zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, auch wenn es hierfür auf eine objektive Betrachtung ankommt und nicht --wie vom FG ausgeführt-- auf die Sicht der Bürger.

Dass der Antrag auf verbindliche Auskunft nicht konkret auf den Betrieb des Hallenbads für den Publikumsverkehr abstellt, sondern lediglich den allgemeinen Verweis auf einen Betrieb der Bäder enthält, ist insofern unerheblich. Der Betrieb eines Hallenbads für den Publikumsverkehr (oder andere Nutzer) stellt den Regelfall und der Stand-by-Betrieb als Reservebad den Ausnahmefall dar. Deshalb hätte umgekehrt der Stand-by-Betrieb als Reservebad ausdrücklich erwähnt werden müssen, sofern die verbindliche Auskunft auch für eine solche Nutzung hätte gelten sollen.

d) Die durch das Jahressteuergesetz 2009 eingeführten Regelungen in § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG und § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG sind im Streitfall auch zeitlich anwendbar.

§ 8 Abs. 9 KStG und § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG gelten gemäß § 34 Abs. 6 Satz 9 und Abs. 10 Satz 5 KStG ab dem Veranlagungszeitraum 2009. § 8 Abs. 7 KStG und § 15 Satz 1 Nr. 4 KStG sind gemäß § 34 Abs. 6 Satz 4 und Abs. 10 Satz 4 KStG sogar schon für frühere Zeiträume anzuwenden. Die Klägerin kann sich im Streitfall auch nicht auf § 34 Abs. 6 Satz 5 KStG berufen, wonach bis einschließlich dem Veranlagungszeitraum 2011 die erwähnten Neuregelungen des Jahressteuergesetzes 2009 noch nicht anzuwenden sind, wenn vor dem 18.06.2008 "im Einzelfall" bei der Einkommensermittlung nach "anderen Grundsätzen" verfahren worden ist. Zwar wird hiervon grundsätzlich auch der Fall einer verbindlichen Auskunft erfasst (BFH-Urteil in BFHE 263, 407, m.w.N.). Dies gilt aber nicht, wenn es --wie im Streitfall-- zu einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts gekommen ist.

3. Da die streitigen Verluste der X GmbH aus dem Bäderbetrieb bereits nach nationalem Recht nicht mit den Ergebnissen der Klägerin verrechnet werden können, kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob die Regelung für Dauerverlustgeschäfte kommunaler Eigengesellschaften gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 9 KStG eine staatliche Beihilfe i.S. des Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darstellt, die dem beihilferechtlichen Durchführungsverbot gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV unterliegt (vgl. hierzu Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 265, 23).

Darüber hinaus kommt auch für diejenigen Dauerverluste des Bäderbetriebs, die das FA im Streitjahr zur Verrechnung mit Gewinnen anderer Tätigkeiten zugelassen hat, kein Vorabentscheidungsersuchen beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Betracht. Selbst wenn der EuGH zu dem Ergebnis käme, dass § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 9 KStG dem beihilferechtlichen Durchführungsverbot gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV unterläge, dürfte der Senat aufgrund des sog. Verböserungsverbots (Verbot der reformatio in peius) die Rechtsposition der Klägerin im Vergleich zur Rechtslage vor Klageerhebung nicht verschlechtern (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2020, 522, m.w.N., und Senatsurteil vom 15.07.2020 - I R 55/17, juris). Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der nationale Richter nicht dazu verpflichtet, von Amts wegen eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts anzuwenden, wenn er infolge einer derartigen Anwendung den im einschlägigen nationalen Recht verankerten Grundsatz des Verbots der "reformatio in peius" durchbrechen müsste (EuGH-Urteil Heemskerk und Schaap vom 25.11.2008 - C-455/06, EU:C:2008:650).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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