VO (EG) Nr. 800/1999 Art. 20 Abs. 4, Art. 52
MOG § 11
Vorinstanz: FG Hamburg vom 12.2.2010, 4 K 227/08 = SIS 10 16 86
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat Käse ausgeführt, der in den Kosovo gehen sollte. Sie hat dafür durch sieben Bescheide des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt - HZA -) Ausfuhrerstattung erhalten (Bescheide vom 17. April und 14.5.2001 sowie vom 20. Februar, 24. Juni, 4. Oktober und 22.10.2002). Die von der Klägerin dabei zum Nachweis der Einfuhr in den Kosovo vorgelegten Zolldokumente waren gefälscht. Das HZA hat deshalb von der Klägerin mit Berichtigungs- und Änderungsbescheiden vom Juli 2004 die gewährte Ausfuhrerstattung zurückgefordert und gegen die Klägerin eine Sanktion sowie, soweit geboten, einen Zuschlag festgesetzt, ferner durch sechs weitere Bescheide Zinsen für die Zeit seit Gewährung der Ausfuhrerstattung.
Die dagegen von der Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Nach den von ihm getroffenen Feststellungen ist ungeklärt, ob die Ware tatsächlich in den Kosovo gelangt ist, was nach Ansicht des FG zudem im Ergebnis rechtlich ohne Bedeutung ist, weil es jedenfalls an einer "Einfuhr" fehlte, wenn die Ware, wie die Klägerin behauptet, in den Kosovo eingeschmuggelt worden wäre. Das FG sieht für die Rückforderung der deshalb zu Unrecht gewährten Ausfuhrerstattung, die Sanktion, die Zinsen und den Zuschlag in den Art. 51 Abs. 1 und 4, Art. 52 Abs. 1 bzw. Art. 25 Abs. 1 der hier noch anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 800/1999 (VO Nr. 800/1999) der Kommission vom 15.4.1999 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L 102/12) eine Rechtsgrundlage.
Gegen sein Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, zu deren Begründung zusammengefasst Folgendes vorgetragen wird:
Art. 50 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 sei im Streitfall nicht einschlägig, weil er durch Art. 20 Abs. 4 Unterabs. 2 VO Nr. 800/1999 als einer Spezialregelung verdrängt werde, wofür auch "die Feststellungen des EuGH" in dem Urteil vom 19.1.2012 C-392/10 - Suiker Unie - (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern - ZfZ - 2012, 97) "sprächen". Die Vorschrift verwirkliche den Vertrauensschutzgedanken, der bei der Rückforderung von Ausfuhrerstattung gebiete, das Interesse des Ausführers an der Aufrechterhaltung des Erstattungsbescheides gegen das öffentliche Interesse an der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes abzuwägen. Eine Durchbrechung des von dieser Vorschrift errichteten "Schutzwalls" sei nur bei dem Nachweis zulässig, dass der Ausführer betrügerisch i.S. von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18.12.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 312/1) gehandelt habe oder einer der in Art. 20 Abs. 4 Unterabs. 2 VO Nr. 800/1999 katalogmäßig aufgeführten Missbrauchsfälle vorliege. Im Streitfall liege jedoch keiner dieser Fälle vor und es sei auch nicht festgestellt, dass die Klägerin betrügerisch gehandelt habe; sie sei vielmehr Opfer der Manipulationen ihres Abnehmers im Kosovo geworden. Es möge im Streitfall Zweifel an der Einfuhr der Waren in den Kosovo geben; im Rückforderungsverfahren gingen diese jedoch zu Lasten des HZA. Die Klägerin möchte in diesem Zusammenhang zwischen der materiell-rechtlichen Voraussetzung für die Gewährung von (differenzierter) Ausfuhrerstattung, dass nämlich die Ware in das betreffende Drittland gelangt, und rein verfahrensrechtlichen Nebenpflichten unterscheiden, zu denen die Vorlage der in der VO Nr. 800/1999 bezeichneten Erstattungsunterlagen wie eines Ankunftsnachweises nach Art. 16 VO Nr. 800/1999 oder des Nachweises der Erfüllung der Einfuhrzollförmlichkeiten nach Art. 15 Abs. 3 VO Nr. 800/1999 gehöre. Sie bezieht sich in diesem Zusammenhang auf das zu der Umsatzsteuerfreiheit trotz fehlender Ausfuhrbelege ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 27.9.2007 C-146/05 - Collée - (Slg. 2007, I-7861).
Im Übrigen bestehe nach Art. 52 Abs. 4 Buchst. a VO Nr. 800/1999 keine Rückzahlungspflicht, wenn die Zahlung infolge eines Fehlers der zuständigen Behörde erfolgt sei und der Begünstigte diesen nicht habe erkennen können. Das HZA habe die Ausfuhrerstattung zu Unrecht aufgrund gefälschter Einfuhrzolldokumente gewährt und die Klägerin habe nicht erkennen können, dass diese von ihr vorgelegten Dokumente gefälscht seien; erst eine Mission des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung habe dies später aufgedeckt. Das HZA hätte gemäß Art. 49 Abs. 8 VO Nr. 800/1999 die Möglichkeit gehabt, den geltend gemachten Erstattungsanspruch stattdessen ohne jede zeitliche Begrenzung zu prüfen; davon habe es jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Die Klägerin beruft sich ferner darauf, dass die von der Union selbst eingerichtete Zollverwaltung des Kosovo zum Zeitpunkt der Einfuhren nicht oder nur sehr eingeschränkt arbeitsfähig gewesen sei, so dass die Fälschung der Einfuhrzollnachweise nicht allein der Risikosphäre der Klägerin zugerechnet werden könne.
Die Revision wendet sich weiter gegen die Ansicht des FG, für die Ware habe, selbst wenn sie in den Kosovo gelangt sein sollte, keine Ausfuhrerstattung gewährt werden dürfen, weil sie jedenfalls nicht unter Verzollung eingeführt, sondern eingeschmuggelt worden sei. Einfuhr sei ein rein tatsächlicher Vorgang; er setze keine Zollabfertigung voraus. Im Streitfall lägen ausreichende Nachweise über die Ankunft der Ware im Kosovo in Gestalt zweier Bescheinigungen der United Nations Interim Administration Mission in Kosovo vor, welche damals übergangsweise die Zollverwaltung im Kosovo ausgeübt habe.
Das HZA hält sich unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 21.6.2007 C-428/05 - Laub - (Slg. 2007, I-5069) für berechtigt, auch nach Zahlung von Ausfuhrerstattung ggf. noch die Vorlage der für die Erlangung von Ausfuhrerstattung erforderlichen Unterlagen zu verlangen. Die Klägerin habe jedoch - abgesehen von den gefälschten Einfuhrzolldokumenten - solche Unterlagen nicht vorlegen können. Die Fälschung der Einfuhrzolldokumente falle allein in den Risikobereich der Klägerin, die sich die Manipulationen ihres Abnehmers zurechnen lassen müsse; sie könne nicht deshalb Vertrauensschutz beanspruchen, weil das HZA die Fälschung zunächst nicht erkannt habe.
Es treffe auch nicht zu, dass, wie die Klägerin meint, Art. 20 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 die allgemeine Rückforderungsnorm des Art. 52 VO Nr. 800/1999 verdränge. Die Vorschrift ermögliche vielmehr, wie die betreffende Abschnittsüberschrift verdeutliche, nur besondere Maßnahmen zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft bei differenzierter Erstattung. Art. 20 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 besage, dass die Behörde trotz Vorliegens eines Einfuhrnachweises zusätzliche Vermarktungsnachweise fordern könne. Die allgemeinen Bestimmungen der Art. 14 ff. VO Nr. 800/1999 blieben davon unberührt. Anderenfalls würden die Möglichkeiten der Rückforderung trotz Fehlens der Erstattungsvoraussetzungen gewährter differenzierter Ausfuhrerstattung in einer vom Verordnungsgeber offensichtlich nicht beabsichtigten Weise eingeschränkt.
II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO) und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Das Urteil des FG entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).
Nach Art. 52 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 800/1999 hat der Begünstigte, dem eine Erstattung zu Unrecht gewährt wurde, den erhaltenen Betrag zuzüglich Zinsen für die Zeit zwischen der Gewährung der Erstattung und ihrer Rückzahlung zurückzuzahlen. Diese Rückzahlungspflicht wird dadurch ergänzt, dass der Begünstigte nach Art. 51 Abs. 1 und 4 VO Nr. 800/1999 den halben Unterschied zwischen der beantragten Erstattung und der für die tatsächliche Ausfuhr geltenden Erstattung als Negativbetrag zusätzlich zu zahlen hat, wenn festgestellt wird, dass er eine höhere als die ihm zustehende Ausfuhrerstattung beantragt hat.
Das FG hat diese und die in seinem Urteil genannten ergänzenden Vorschriften rechtsfehlerfrei auf den Streitfall angewandt.
1. Es steht fest und ist auch nicht streitig gewesen, dass die von der Klägerin im Zahlungsverfahren (Art. 49 VO Nr. 800/1999) vorgelegten Dokumente, welche den Anforderungen des Art. 16 VO Nr. 800/1999 genügen sollten, Fälschungen waren. Der in Art. 16 VO Nr. 800/1999 geforderte Nachweis der Erfüllung der Zollförmlichkeiten für die Einfuhr wurde somit nicht erbracht. Deshalb steht fest, dass der Klägerin zu Unrecht Ausfuhrerstattung gewährt worden ist. Diese musste zurückgefordert werden, sofern die Klägerin nicht den Nachweis hätte erbringen können, dass die Erstattungsvoraussetzungen dennoch vorliegen - etwa indem sie nachträglich andere Unterlagen beibringt, die den von Art. 16 VO Nr. 800/1999 geforderten Nachweis erbringen. Denn der von der Revision angeführte Grundsatz, in einem Rückforderungsverfahren trage grundsätzlich derjenige die Feststellungslast, der eine Rückzahlung verlangt, gilt im Streitfall nicht. Nach § 11 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen trägt die Feststellungslast auch nach Empfang einer Vergünstigung bis zum Ablauf des vierten Jahres, das dem Kalenderjahr der Gewährung folgt, der Ausführer (soweit nicht der Verantwortungsbereich des HZA betroffen ist, in den selbstredend nicht fällt, dass dieses die betrügerischen Machenschaften der Klägerin bzw. ihrer Geschäftspartner nicht sogleich erkannt hat). Vorgenannte Frist war im Streitfall bei Erlass der Rückforderungsbescheide noch nicht verstrichen.
Selbst wenn aber das HZA die Feststellungslast für die Rückforderungsvoraussetzungen trüge, bedeutete das nicht etwa, dass es nachweisen müsste, dass die von der Klägerin ausgeführte Ware nicht möglicherweise doch in den Kosovo (in einer den marktordnungsrechtlichen Anforderungen genügenden Weise) eingeführt worden ist (vgl. u.a. schon EuGH-Urteil in Slg. 2007, I-5069). Vielmehr bedeutete es - soweit es hier interessiert - lediglich, dass das HZA eine Rückzahlung der Ausfuhrerstattung dann nicht verlangen könnte, wenn sich nicht feststellen ließe, ob die für die Einfuhr vorgelegten Dokumente echt oder gefälscht sind. Hierzu hat das FG indes im Streitfall eindeutige Feststellungen getroffen. Die Zolldokumente, deren Vorlage Art. 16 Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 800/1999 - alternativ zu den dort in Buchst. b bezeichneten Dokumenten - verlangt, sind nicht etwa nur, wie die Revision glauben machen will, ein Beweismittel für eine erstattungserhebliche Tatsache, sondern selbst eine Erstattungsvoraussetzung. Dies verdeutlicht Art. 14 Abs. 1 VO Nr. 800/1999, der diese Dokumente sinngemäß als eine "Bedingung" für die Zahlung von Ausfuhrerstattung anspricht. Dem entspricht, dass der EuGH in seinem Urteil in Slg. 2007, I-5069, auf welches das HZA mit Recht hinweist, ausgesprochen hat, die Behörde sei berechtigt, vom Ausführer die für die Erlangung einer Erstattung erforderlichen Unterlagen selbst nach Zahlung der Erstattung zu verlangen, wenn sich nachträglich "Unzulänglichkeiten" in den dafür zunächst vorgelegten Dokumenten herausstellen. Es spricht überdies eine deutliche Sprache, dass der EuGH nicht auf das Vorbringen der Klägerin jenes Verfahrens - welches dem der Klägerin dieses Streitfalls gleicht - eingegangen ist, wenn auf der Grundlage der vom Ausführer vorgelegten Beweise die Ausfuhrerstattung gewährt worden sei, verwehre es der Grundsatz des Vertrauensschutzes, die Erstattung wegen einer Unzulänglichkeit der Beweise zurückzufordern, weil der Ausführer davon müsse ausgehen können, dass die vorgelegten Beweise geprüft worden seien und er sich nicht mehr darum sorgen bzw. um die Erlangung sog. Sekundärnachweise bemühen müsse.
2. Art. 20 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 ist keine die Rückforderung differenzierter Ausfuhrerstattung abschließend regelnde und deshalb Art. 52 VO Nr. 800/1999 verdrängende Vorschrift. Das ist bereits in dem Urteil des FG und von dem HZA eingehend und überzeugend dargelegt worden. Dass ein Ausführer, der der Behörde gefälschte Dokumente vorgelegt hat, um von ihr Ausfuhrerstattung zu erhalten, vom Unionsrecht gegenüber einer Rückforderung geschützt werden soll bzw. diese nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 20 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 sollte befürchten müssen, ist, worauf das HZA mit Recht hingewiesen hat, schon vom Ergebnis her eine abwegige Annahme, für die weder Wortlaut noch Systematik der in der VO Nr. 800/1999 getroffenen Regelungen sprechen. Insbesondere Art. 20 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 800/1999 lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass dieser Artikel, wie schon die Abschnittsüberschrift deutlich macht, nicht den Nachweis der Erfüllung der Zollförmlichkeiten regelt, sondern mit zusätzlichen Prüfungen in Fällen, in denen der Verdacht einer Wiedereinfuhr in die Union bzw. ein Zweifel am Erreichen der Bestimmung nach näherer Maßgabe des Abs. 1 Unterabs. 1 der Bestimmung trotz Nachweises der Erfüllung der Zollförmlichkeiten besteht. Wenn Art. 20 Abs. 4 Unterabs. 1 VO Nr. 800/1999 die Anwendung von Abs. 1 auf das Zahlungsverfahren beschränkt (also die Anforderung solcher zusätzlicher Nachweise im Rückforderungsverfahren im Grundsatz ausschließt) und nur in den vier im Unterabs. 2 geregelten Ausnahmefällen zulässt, bezieht sich das folglich nicht auf die bei differenzierter Erstattung gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 800/1999 grundsätzlich erforderliche Vorlage des Zolldokuments (oder des dort in Buchst. b bezeichneten Papiers), mithin Art. 20 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 sich zu den Auswirkungen der Nichtvorlage dieser Dokumente (bzw. der Vorlage bloßer Fälschungen derselben) auf einen etwaigen Rückzahlungsanspruch von vornherein nicht verhält. Wie die Revision aus dem Urteil des EuGH in ZfZ 2012, 97 etwas für ihre Auffassung entnehmen will, obwohl dieses Urteil lediglich davon spricht, Art. 20 VO Nr. 800/1999 stelle eine - neben Art. 15 VO Nr. 800/1999 stehende - Klausel zur Verhinderung von Missbrauch dar, ist nicht nachvollziehbar.
An alledem vermag die von der Revision angeführte allgemeine Erwägung nichts zu ändern, dass in einem Rückforderungsverfahren die beteiligten Interessen abzuwägen und das Vertrauen des Ausführers daran in Rechnung zu stellen ist, die ihm gewährte Erstattung endgültig behalten zu dürfen. Denn dass ein etwaiges Vertrauen, aufgrund gefälschter Nachweise erhaltene öffentliche Leistungen behalten zu dürfen, nicht - auch nicht von Verfassungs wegen, wie die Klägerin offenbar geltend machen will - schutzwürdig wäre und folglich bei jener Abwägung nicht ins Gewicht fallen könnte, begreift sich.
Auch dass die Klägerin von der Fälschung der von ihr dem HZA vorgelegten Dokumente nichts gewusst haben mag, diese möglicherweise sogar bei sorgfältigerer Prüfung - auch der Seriosität ihres Abnehmers - nicht hätte erkennen können oder die Möglichkeit einer solchen Fälschung auch nur zumindest hätte in Betracht ziehen müssen und sie sich möglicherweise gegen die Folgen solcher Manipulationen auch nicht wirksam hätte schützen können, ändert an alledem nichts. Es ist in der Rechtsprechung auch des EuGH hinreichend geklärt, dass es zu den gewöhnlichen, von einem Ausführer hinzunehmenden Risiken gehört, welcher sich im Übrigen aus freien Stücken an Ausfuhrgeschäften und der Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung beteiligt, dass sich seine Vertragspartner wie insbesondere der Abnehmer seiner Ware mitunter vertragswidrig verhalten. Art. 52 Abs. 4 Unterabs. 2 VO Nr. 800/1999, auf den das HZA ebenfalls bereits mit Recht hingewiesen hat, sieht ausdrücklich vor, dass solche Handlungen Dritter dem Ausführer im Rückforderungsverfahren - unabhängig von seinem Wissen und Verschulden - zugerechnet werden. Auch etwaige Unzulänglichkeiten der von den Vereinten Nationen für eine Übergangszeit durchgeführten Zollverwaltung im Kosovo vermögen es - ebenso wie übrigens die in zahlreichen Ländern bei Zollbehörden bisweilen auftretenden Defizite - nicht zu rechtfertigen, der Klägerin Ausfuhrerstattung zu gewähren bzw. sie ihr zu belassen. Erst recht ist es offenkundig verfehlt und bedarf deshalb keiner ernstlichen Erörterung, anzunehmen, das HZA müsse sich vorwerfen lassen und sei dadurch an der Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung gehindert, weil es nicht sogleich erkannt habe, dass die Klägerin sich zur Erlangung von Ausfuhrerstattung gefälschter Dokumente bedient. Das gilt selbst dann, wenn das HZA die von der Klägerin selbst angeblich nicht erkannte und für sie angeblich nicht erkennbare Fälschung durch eine eingehendere Prüfung der ihm vorgelegten Dokumente möglicherweise hätte erkennen können.
Ob die vom FG mit guten Gründen vertretene Auffassung zutrifft, dass für in ein Drittland unter Umgehung der Zollförmlichkeiten und einer Verzollung eingeschmuggelte Ware keine Ausfuhrerstattung gewährt werden könne, muss der Senat nicht erörtern. Denn dass allemal Voraussetzung für die Gewährung differenzierter Ausfuhrerstattung ist, dass die Ware tatsächlich in das Drittland gelangt ist, zieht selbst die Klägerin nicht in Zweifel. Dass dies im Streitfalle geschehen ist, hat indes das FG nicht festgestellt, woran der beschließende Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist. Das umfangreiche Vorbringen der Klägerin zu der Frage, ob die in der VO Nr. 800/1999 für die Gewährung von Ausfuhrerstattung verlangte Einfuhr "ein rein tatsächlicher Vorgang ist" oder eine Zollabfertigung voraussetzt und welchen Beweiswert die Stellungnahmen der United Nations Interim Administration Mission im Streitfall haben, liegt daher neben der Sache.
3. Es besteht für den erkennenden Senat kein Anlass, gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dem EuGH die von der Revision formulierten Fragen vorzulegen, insbesondere auch nicht die Frage, ob Art. 20 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 die Rückforderungsvorschriften des Art. 52 VO Nr. 800/1999 verdrängt. Denn der Senat ist ebenfalls einstimmig der Auffassung, dass diese bereits von dem mit drei Berufsrichtern besetzten FG verneinte Frage klar und eindeutig zu verneinen ist. Aus der umfangreichen, vom FG und dem HZA bereits angeführten Rechtsprechung des EuGH zur Rückforderung differenzierter Ausfuhrerstattung ergibt sich, wenn nicht das Gegenteil, so doch keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass der EuGH diese Frage für zweifelhaft halten und folglich möglicherweise anders als das HZA, das FG und der erkennende Senat beantworten könnte. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin - auch im einschlägigen Schrifttum (vgl. ZfZ 2010, 173; nur allgemein zugunsten von Vertrauensschutz im Rückforderungsverfahren Schrömbges/Uhlig/Reiche, Praxishandbuch Erstattungsrecht, T6 B.2.) - vertretene, jedoch, soweit ersichtlich, vereinzelt gebliebene abweichende Auffassung ist nicht nur nicht überzeugend, sondern - wie vorstehend dargelegt - bei hinreichender Berücksichtigung insbesondere der Systematik der VO Nr. 800/1999 und des erkennbaren Sinns und Zwecks ihres Art. 20 Abs. 4 offenkundig unhaltbar. Überdies beruht diese Auffassung, wie insbesondere die Ausführungen von Schrömbges in ZfZ 2010, 173, 179 erkennen lassen, darauf, dass dem Ausführer ein Anspruch auf Vertrauensschutz zugebilligt wird, den er jedoch, wie ausgeführt, nach der Rechtsprechung des EuGH gerade nicht hat, wenn die von ihm vorgelegten Dokumente fälschlich als den Bedingungen des Art. 16 VO Nr. 800/1999 genügend anerkannt worden sind. Ob die Regelung des Art. 20 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 abschließend ist, wenn "echte" Einfuhrzolldokumente vorgelegt worden sind, aber später zweifelhaft wird, ob diese inhaltlich zutreffend sind, ob die betreffende Ware also tatsächlich in dem Drittland zollbehördlich zur Einfuhr abgefertigt worden ist, muss hier nicht erörtert werden.
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